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Autoren: Hsu, Chia-Yi
Hauptberichter: Bisang, Walter
Titel: Der Einfluss von Deutsch als Zweitsprache auf Chinesisch als radikale Pro-Drop-Sprache
Online-Publikationsdatum: 14-Jan-2021
Erscheinungsdatum: 2021
Sprache des Dokuments: Deutsch
Zusammenfassung/Abstract: Der Einfluss von Deutsch als Zweitsprache auf Chinesisch als radikale Pro-Drop-Sprache Chia-Yi Hsu Zusammenfassung Die vorliegende Arbeit untersucht die Beeinflussung des Pro-Drop-Verhaltens im Kontext von Sprachkontakt am Beispiel des Sprachenpaars Chinesisch als Erst- bzw. Muttersprache (L1) und Deutsch als Zweitsprache (L2). Dabei soll erforscht werden, ob und wie sich sehr gute Kenntnisse des Deutschen mit entsprechend intensivem Kontakt zu dieser Sprache auf Muttersprachler des auf Taiwan gesprochenen Chinesisch (Guóyǔ) in Bezug auf ihr Pro-Drop-Verhalten und ihre Fähigkeit zur pragmatische Inferenz auswirkt. Damit vergleicht diese Studie nicht nur zwei typologisch maximal divergierende Sprachsysteme, sie greift auch die in der Kontaktlinguistik selten diskutierte Richtung von L2 auf L1 auf. Das Deutsche ist eine Nicht-Pro-Drop-Sprache, das Chinesische dagegen eine radikale Pro-Drop-Sprache, in der die fehlende overte Information zum Subjekt bzw. zum Objekt durch pragmatische Inferenz erschlossen werden muss, da es keine Verbkongruenz gibt. Darüber hinaus erlaubt Chinesisch sowohl radikalen Pro-Drop als auch Topik-Drop, während Deutsch nur Topik-Drop erlaubt, wobei Nullsubjekte und Nullobjekte im einfachen Satz durch das zum Topik bewegte Argument koindiziert sind (J. Huang 1984). Die Transferforschung liefert Evidenz dafür, dass die Einflussrichtung einerseits von sich in beiden Sprachen überlappenden und eindeutigen Strukturen abhängt (Yip & Matthews 2007) und andererseits von der Komplexität der Satzverarbeitung in Referenzialisierungsverfahren. Auf dieser Basis werden in der Arbeit die folgenden beiden Hypothesen erstellt: (i) Chinesische L1-Sprecher mit intensivem Bezug zum Deutschen transferieren den Gebrauch von overten Argumenten in ihre L1 und gebrauchen daher radikalen Pro-Drop weniger häufig. (ii) Die Veränderungen in der Pro-Drop-Kompetenz von Chinesisch als L1 hängt bei Sprechern mit intensivem Kontakt mit Deutsch von soziolinguistischen Einflussgrößen ab. Zur Klärung der Hypothesen wird diese Arbeit in fünf Kapitel aufgliedert. Nach einer Darstellung der theoretischen und empirischen Ausgangslage in Kapitel 1 und des Designs der Experimente in Kapitel 2 erfolgen in Kapitel 3 die Darstellung der statistischen Methoden sowie die Datenanalyse und die Diskussion der Resultate bezüglich der beiden Hypothesen. Kapitel 4 vertieft die Diskussion der Beziehung von Pro-Drop mit soziolinguistischen, pragmatischen und syntaktischen Variablen. Die Schlussfolgerungen und weitere Implikationen in Kapitel 5 beenden die Arbeit. Die Daten umfassen einerseits Vorstudien zu den soziolinguistischen Hintergründen der Probanden sowie zum Sprachstand im Chinesischen und Deutschen und andererseits mündliche und schriftliche Experimente zur konkreten Verwendung von Pro-Drop bei Argumenten im Vergleich zwischen einer in Deutschland lebenden Testgruppe von 17 muttersprachlichen chinesischen Probanden mit sehr guten Deutschkenntnissen und einer in Taiwan lebenden Kontrollgruppe von 19 monolingualen chinesischen Probanden. Weiter wird die Wahl von overter Form vs. Nullform (Pro-Drop) bei den Probanden nach spezifischen Konstruktionen (Relativsätze, You-Exsitenzverb-Konstruktion und Komplementsätze mit unterschiedlichen Kontrolltypen) untersucht. Die statistischen Testverfahren und die strukturelle Analyse in dieser Studie belegen die Tendenz zur Reduktion von Pro-Drop im Chinesischen der bilingualen Testgruppe und zur Angleichung an den Topik-Drop-Parameter sowie die Kompetenz zur Referenzialisierung des Deutschen. Diese Sprachveränderungen hängen signifikant zusammen mit dem Faktor des L2-Einflusses, der syntaktischen Funktion, der Textsorte sowie des soziolinguistischen Hintergrundes und des Sprachniveaus. Diese kontaktinduzierten Sprachveränderungen lassen sich mit Bisangs Komplexitätskonzept (2009 etc.) so erklären, dass die durch Explizitheit motivierte Overte Komplexität des Deutschen sich durch kontaktbedingten Transfer infolge des strukturellen und referentiellen Transfers auf Strukturen des Chinesischen mit seiner durch Ökonomie motivierten Versteckten Komplexität überträgt, so dass die beiden im Wettstreit stehenden Motivationen eine neue Lösungsoption zur Reduzierung des pragmatischen Inferenzaufwands im Chinesischen fördern.
The Influence of German as a Second Language on Radical Pro-Drop in Chinese Chia-Yi Hsu Summary The present thesis examines the influence of pro-drop behavior in the context of language contact using the example of the language pair Chinese as first and native language (L1) and German as a second language (L2). It aims to explore whether and in what way very good proficiency in German affects the pro-drop behavior and the potential of pragmatic inference of native speakers of the Standard Chinese spoken in Taiwan (Guóyǔ). This study is special in comparing two typologically maximally divergent language systems and in taking up the transfer direction from L2 to L1, which is rarely discussed in contact linguistics. German is a non-pro-drop language, while Chinese is a radical pro-drop language, in which the missing overt information about the subject or the object must be inferred through pragmatic inference, since there is no agreement. In addition, Chinese allows both radical pro-drop and topic-drop, while German only allows topic-drop, with null subjects and null objects being coindexed in the simple sentence by the argument moved to the topic (J. Huang 1984). Research on transfer provides evidence that the direction of influence depends, on the one hand, on overlapping and unambiguous structures in both languages (Yip & Matthews 2007) and, on the other hand, on the complexity of sentence processing in mechanisms of referentialization. On this basis, the following two hypotheses are proposed: (i) Chinese L1 speakers with intensive contact to German transfer the use of overt arguments to their L1 and therefore use radical pro-drop less often. (ii) Changes in the pro-drop competence of Chinese as L1 depend on sociolinguistic factors in speakers with intensive contact to German. To clarify these hypotheses, the present thesis is divided into five chapters. The theoretical and empirical basics are presented in chapter 1, while chapter 2 is on the design of the experiments. The discussion of statistical methods, data analysis and the results in light of the two hypotheses follow in Chapter 3. Chapter 4 further elaborates on the relation between Pro-Drop and sociolinguistic, pragmatic, and syntactic variables. Conclusions and further implications are found in Chapter 5. The data include preliminary studies on the participants’ sociolinguistic background and language proficiency in Chinese and German and an oral and a written experiment on the actual use of pro-drop in argument positions. All data are from a test group of 17 native Chinese participants living in Germany with a very good knowledge of German and a control group of 19 monolingual Chinese participants living in Taiwan. In addition to subject-drop and object-drop, the choice of overt form vs. zero form (pro-drop) was also studied in specific constructions (relative clauses, You-existence verb-construction and complement phrases with different control types). The statistical tests and the structural analysis in this study demonstrate the tendency of the members of the test group to reduce pro-drop in their Chinese, to align their pro-drop use with the topic-drop parameter, and to adapt to the German competence in referentialization. These changes are significantly related to the factors of L2 influence, syntactic function, text type as well as to the sociolinguistic background and the language level of the participants. They can be modeled with Bisang's complexity concept (2009 etc.) in such a way that the explicitness-based Overt Complexity in German is transferred to Chinese with its economy-based Hidden Complexity. In such a contact situation, the two competing motivations of economy vs. explicitness create a new solution which reduces costs of pragmatic inference in the Chinese of the bilingual participants.
DDC-Sachgruppe: 400 Sprache
400 Language
Veröffentlichende Institution: Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Organisationseinheit: FB 05 Philosophie und Philologie
Veröffentlichungsort: Mainz
ROR: https://ror.org/023b0x485
DOI: http://doi.org/10.25358/openscience-5515
URN: urn:nbn:de:hebis:77-openscience-66a9ad97-7bfc-4334-ab84-3d6c261c43672
Version: Original work
Publikationstyp: Dissertation
Nutzungsrechte: Urheberrechtsschutz
Informationen zu den Nutzungsrechten: https://rightsstatements.org/page/InC/1.0/?language=en
Umfang: viii, 225 Seiten
Enthalten in den Sammlungen:JGU-Publikationen

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