Bildstöcke in den katholischen Exklaven in Oberhessen : Geschichte und Funktion einer memorialen Bildgattung von der frühen Neuzeit bis zum Ende des Ersten Weltkriegs

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Die an der Johannes Gutenberg Universität Mainz im Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften eingereichte Dissertation widmet sich den Bildstöcken der katholischen Exklaven in Oberhessen. Da lediglich im ehemaligen Oberamt Amöneburg derartige Kleindenkmäler erhalten sind, konzentriert sich die Forschungsarbeit auf dieses Territorium. Dieses, zum Erzbistum Mainz gehörige Gebiet, bildet eine katholische Exklave inmitten protestantischer Herrschaftsbereiche. Territorial abgeschnitten vom katholischen Kernland und weitab von ausgeprägten Bildstocklandschaften gelegen, nimmt die Denkmalgattung der Bildstöcke in Oberhessen eine Sonderstellung ein. Die vorliegende Arbeit stellt die erste systematische kunsthistorische Aufarbeitung der Bildstöcke dieses Raumes dar. Die detaillierte Beschäftigung mit dem Material erfolgt unter Einbezug sowohl erhaltener als auch lediglich quellenkundlich nachweisbarer Exemplare. Einzelne Aspekte einer jeden Bildstockstiftung werden untersucht, wie ihre zeitliche Stellung, ihre individuelle Bezeichnung, die formale Entwicklung des Bildstocks, die Stifterpersönlichkeiten, der gewählte Standort der Bildstöcke mit seinen im Laufe der Zeit erfahrenen Umsetzungen, die sich daraus ergebenden Blickbeziehungen, die Ikonographie der Darstellungen sowie die angebrachten Inschriften. Aus dem komplexen Zusammenspiel der unterschiedlichen Faktoren und geschichtlichen Einflüsse lassen sich die Motive der Stiftungen herausarbeiten und die Funktionen der einzelnen Exemplare sowie ihrer Gesamtheit eruieren. Dabei wird deutlich, wie manigfaltig die Bildstöcke in das religiöse, rechtliche und soziale Gefüge der Gemeinden eingebunden sind. So spielt in die Bildstockstiftung religiös tief verwurzelte Dankbarkeit und Bitte ebenso mit ein wie der apotropäische Schutzgedanke, der eschatologische Aspekt und die Repräsentation des Stifters und der Glaubenszugehörigkeit. Zahlreiche Exemplare sind Ziel verschiedenster Prozessionen, was ihre Wirkung erhöht. Bedingt durch die Lage als zerklüftete katholische Exklave inmitten protestantischen Herrschaftsgebietes abseits der Mainzischen Kerngebiete bildeten die Bildstöcke Sonderformen heraus. Dies äußert sich sowohl in ihrer formalen Gestalt und Inschriftenausbildung als auch in der Standortwahl und ihrer Funktionalität. So umgeben häufig vier Bildstöcke ringartig einen Ort und manifestieren den Übergang vom Ortsinnern zum umliegenden protestantischen Umfeld. Darüber hinaus sind sie im Bildprogramm aufeinander abgestimmt und wurden zeitgleich errichtet. Erstmals können zahlreiche Bildstöcke konkreten Künstlern oder Handwerkern zugewiesen werden. Mit der vorliegenden Arbeit kann die herausragende Bedeutung der Bildstöcke als wesentlicher Bestandteil der Kulturlandschaft der ehemaligen katholischen Exklave belegt werden. Über ein künstlerisch gestaltetes Bildwerk erschließt sich der unauflösbare Zusammenhang von religiösen, rechtlichen, sozialen und repräsentativen Aspekten der Stiftungen, durch die sich die Mainzische Exklave behauptet. Die identitätsstiftenden Bildstöcke stellen als öffentliches Bekenntnis zur Gegenreformation ein markantes territoriales Zeichen dar und prägen das Erscheinungsbild des Mainzischen Sprengels um Amöneburg selbstbewusst bis in die heutige Zeit.

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