Die syrische Gesellschaft in den Filmen von Omar Amiralay
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Obwohl sich Filmgeographie ab der Mitte der 1990er Jahre als eine weitere Teildisziplin der Kulturgeographie herauskristallisierte, steht die Analyse von Dokumentarfilmen vor allem innerhalb der deutschsprachigen Filmgeographie am Rand des wissenschaftlichen Interesses. Aus diesem Grund befasst sich die vorliegende Dissertation mit drei Dokumentarfilmen der syrischen Filmemacher Omar Amiralay (1944-2011), der in den Augen vieler Filmkritiker als der Vorläufer des syrischen Dokumentarfilms angesehen ist. Mwaylih, Sadad und El-Machi sind syrische Dörfer, in denen Amiralay die gesellschaftlichen Machtverhältnisse dokumentierte und seiner politischen Sichtweise entsprechend wieder konfiguriert und darstellt.
Die vorliegende filmgeographische Untersuchung stützt sich auf die theoretischen Grundverständnisse, dass die dokumentarfilmischen Repräsentationen weder schlichte Abbildung noch neutrale Wiedergabe der lebensweltlichen Wirklichkeit zu betrachten sind. Darüber hinaus resultiert die machtbeladene Konstruktion von Filmräumen aus einem komplexen und kontextuellen Wechselspiel von Filmästhetik auf der einen Seite und vorfilmischer Realität auf der anderen Seite. Im Verständnis der vorliegenden Arbeit ist die Macht kein Ding im materiellen Sinne, das man zu besitzen vermag, sondern ein gesellschaftlicher Antrieb und eine Komplexität von soziopolitischen und ökonomischen Zusammenspiel, deren Einflüsse sich von der Normierung der alltäglichen Bedarfsbefriedigung bis zur Wiederkartierung der Welt erstrecken könnten.
Macht lässt sich vor diesem Hintergrund symbolisieren, repräsentieren und danach interpretieren. Hierfür rekurriert die empirisch-analytische Auseinandersetzung mit den zu untersuchenden Filmmaterialien sowohl auf die in der Filmwissenschaft gängigen Instrumente zur Filmanalyse wie auch auf die qualitative Inhaltanalyse, um eine zielgerichtete geographische Filmlektüre zu entwickeln. Zunächst richtet sich das Augenmerkt der Analyse auf das physisch-materielle Wesen der geographischen Struktur des einzelnen Dokumentarfilms, die aus verschiedenen filmischen Orten zusammengesetzt ist. Die Analyse der materiellen Struktur der Filme liegt der Interpretation der konstruierten Filmräume zugrunde, welche mit machtbezogenen Bedeutungen aufgeladen sind. Die eingehende Lektüre der ausgewählten Dokumentationen stellt die Analyse und Interpretation der kontextuellen Zusammenhänge von ästhetischen Gestaltungsstrategien, verbalen Äußerungen und Handlungen der gefilmten Personen sowie materiellen Ausstattungen der filmischen Orte in Vordergrund, da sie zur raumgenerierenden Bedeutungszuschreibung und zur Aufklärung der Macht-Raum-Verhältnisse beitragen.