Alma Mater - Wo sind deine Mütter*? : Warum die Wissenschaft einen Maternal Turn braucht

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Die Alma Mater ist die ‚nährende Mutter‘ – die Universität wird als eine ihre Angehörigen mit Bildung und Wissen nährende Mutter verstanden. Reale Mütter* hingegen kommen im derzeitigen Wissenschaftsbetrieb kaum vor und werden infolge der Pandemie noch mehr marginalisiert. Ausgehend von diesem Befund (Czerney et al. 2020 und 2022) möchten wir in diesem Beitrag den Begriff der Alma Mater kritisch hinterfragen. Frauen sind erst seit knapp einem Jahrhundert zum Studium an Universitäten zugelassen. Die erste weibliche Habilitandin können viele europäische Länder erst zur Mitte des letzten Jahrhunderts verzeichnen – und die erste Professorin, die auch Mutter* war? Dazu fehlt uns die Geschichtsschreibung! In unserem Beitrag wollen wir aber nicht diese Geschichte erzählen – was wir ohnehin nicht könnten, denn die Infromationen dazu müssten erst noch recherchiert und zusammengetragen werden. Wir wollen vielmehr aufzeigen, wie feindlich die Alma Mater gegenüber der Mater Scientia, der, wie wir sie hier nennen wollen: der Wissen schaffenden Mutter*, also der Mutter*, die forscht und lehrt, ist. Die Mutter*, die keine Versinnbildlichung ist, sondern die tatsächliche, Mutter*. Eine Frau, die Kinder umsorgen und gleichzeitig Wissen generieren und vermitteln kann. Das Thema der Mutter_Wissenschaftler*in (Eckert 2020) hatte auch schon vor Corona eine besondere Brisanz – mit der Pandemie jedoch wurden Mütter* mit einem Backlash im Politischen und Privaten konfrontiert, sodass ihre Präsenz und ihre Karrieren in den Hochschulen für die kommenden Jahre hochgradig gefährdet sind. Bedeutende Karriereschritte und ziele von Müttern*, wie Drittmitteleinwerbung, Publikationen und Vernetzung, sind nur zulasten anderer Rollen und Ziele möglich. Frauen* mit Care-Aufgaben haben mit einem publication gap und neuerdings eben dem Corona gap (Allmendinger 2020) zu kämpfen (King & Frederickson 2021; Lerchenmüller et al. 2021). Die Alma Mater nährt ihre Töchter* derzeit nicht – im Gegenteil: Sie verstößt Mütter* und andere marginalisierte Personen, eben all jene, die während der Pandemie nicht aufblühen konnten, die nicht genügend Muße und Schreibzeit hatten und keine langen Spaziergänge im Wald machen konnten, um nachzudenken. In unserem Beitrag wollen wir die Alma Mater als die Produzentin eines spezifischen hegemonialen Wissens, dessen Herstellung derzeit wieder zunehmend unter Ausschluss von Müttern* passiert, problematisieren.

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Alma Mater - Wo bleiben deine Frauen? : Universitäre Frauenförderung auf dem Prüfstand, Fahrnbach, Daniela