Preparation and realization of a new hypertriton mass experiment at MAMI
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Hypertriton ist der einfachste gebundene Hyperkern, bestehend aus einem Proton p, einem Neutron n und einem instabilen Lambda-Baryon Λ. Bereits seit der Entdeckung in den 1950er Jahren sind Hyperkerne der Fokus einer weltweiten Reihe an Experimenten. Ihre Eigenschaften – wie Lebensdauer oder Bindungsenergie des Λ zum Restkern – geben wichtige Aufschlüsse über die zu Grunde liegende Wechselwirkung zwischen dem Λ und den anderen regulären Nukleonen. Diese erlauben beispielsweise Schlussfolgerungen für die Zusammensetzung von Neutronensternen. Seit den 1960er Jahren begannen daher die Studien, um Bindungsenergie, Lebensdauer und weitere Eigenschaften einiger Hyperkerne zu bestimmen. Durch seine vergleichsweise einfache Zusammensetzung galt bereits damals dem Hypertriton ein gesteigertes Interesse. Als Drei-Körper-System ist es besonders gut mit theoretischen Vorhersagen zu vergleichen.
Bereits Mitte der 1970er Jahre war ein umfangreicher Katalog an Hyper-Isotopen vermessen worden, meist mit der damals gängigen Emulsions-Methode. So waren es erst neuartige experimentelle Ansätze, die in den folgenden Jahrzehnten neue Bewegung in die Datenlage brachten. Ab 2010 wurden erstmals Ergebnisse mittels relativistischen Schwerionen-Kollisionen erlangt. Gleich drei unabhängige Experimente lieferten neue Werte für die Hypertriton-Lebensdauer, die 30 bis 40% kürzer waren als zuvor beobachtet. Als dann erstmals im Jahre 2020 – nach fast 50 Jahren – die Λ-Bindungsenergie vom Hypertriton in einem ähnlichen Experiment bestimmt wurde, verstärkten sich die Zweifel am bisherigen Wissensstand. Zwar war diese Größe bereits zu Zeiten der Emulsion mit einer fast 40-prozentigen Unsicherheit
angegeben worden, BΛ = 130 ± 50 keV, jedoch wich der neu gemessene Wert von über 400 keV um mehr als 200% ab. Diese unklare Gesamtsituation wurde als Hypertriton-Puzzle bezeichnet und lieferte zwei grundlegende Motivationen für die vorliegende Doktorarbeit:
(i) Wie ist mit den einzelnen Veröffentlichungen umzugehen? Wie kann aus den verschiedenen Werten ein aussagekräftiger Mittelwert errechnet werden?
(ii) Ist es möglich, die Λ-Bindungsenergie vom Hypertriton mittels einer von den anderen
Experimenten unabhängigen Methode neu zu messen?
In Bezug auf die erste Fragestellung wurde im Rahmen dieser Arbeit die Datenbank Chart of Hypernuclides entwickelt, um jegliche Messergebnisse der Hyperkernphysik zu sammeln und aus den verschiedenen Quellen Mittelwerte zu errechnen. In Anlehnung an die Particle Data Group, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Forschungsergebnisse aus der Teilchenphysik zusammenzufassen, wurden daher zahlreiche Algorithmen und Methoden implementiert, um Mittelwerte eines weiten Spektrums an Hyperkern-Daten korrekt errechen zu können. Inzwischen enthält die Datenbank mit etwa 600 Einträgen ein weitreichendes Abbild der Forschungsgeschichte rund um Hyperkerne. Für eine gute Erreichbarkeit wurde eine Website eingerichtet, auf der Nutzer mittels eines interaktiven User-Interfaces die Daten einsehen können. Auch umfangreiche Hintergrundinformationen zu den einzelnen Veröffentlichungen sind dort hinterlegt. Neben der reinen Auflistung der Daten bietet die Seite darüber hinaus Einblicke
in deren statistische Aufarbeitung. So werden beispielsweise neben den berechneten Mittelwerten auch Grafiken – sogenannte Ideogramme – erzeugt, die einen quantitativen Überblick über die Datenlage liefern. Die URL der Seite lautet https://hypernuclei.kph.uni-mainz.de. Mit mehr als 50 experimentellen Werten alleine über Hypertriton konnte eine detaillierte Analyse der Lebensdauer- und Bindungsenergie-Situation durchgeführt werden.
Die zweite Frage betreffend, wurde eine Messkampagne am A1-Aufbau des Mainzer Instituts für Kernphysik vorbereitet und durchgeführt, um die Hypertriton-Bindungsenergie mittels Zerfalls-Pionen-Spektroskopie bestimmen zu können. Mit dieser experimentellen Methode war bereits wenige Jahre zuvor das etwas schwerere Hyper-Isotop 4 ΛH vermessen worden. Für die neue Messung wurde ein spezielles Lithium-Target-System entworfen und getestet, um die Ausbeute an relevanten Ereignissen gegenüber den früheren Messungen zu maximieren. Für das Experiment wurde schließlich das Kaon-Spektrometer KAOS verwendet, mit welchem zuletzt 2014 Hyperkernstudien durchgeführt wurden. Die Messreihen fanden im Sommer und Herbst 2022 statt. Die Auswertung der Daten ist momentan im Gange und wird von den Doktoranden Tianhao Shao und Ryoko Kino durchgeführt. Ihnen ist bereits der Nachweis von 4ΛH gelungen.