Umfrage zur Untersuchung von Gewaltbetroffenen unter Ärztinnen und Ärzten unter Berücksichtigung einer durch Medizinstudierende bearbeiteten Hausaufgabe
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Einleitung
Gemäß dem „Gesetz für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention“ sollen flächendeckende Angebote zur Versorgung von Personen nach körperlicher und sexualisierter Gewalt geschaffen werden. Die vorliegende Studie untersucht die Versorgungssituation von Gewaltbetroffenen in medizinischen Einrichtungen und die Umsetzung des theoretischen Wissens von Medizinstudierenden in die Praxis hinsichtlich forensisch relevanter Aspekte, um Verbesserungsansätze zu erarbeiten.
Methode
In der ersten Studiengruppe erfolgte eine onlinebasierte Umfrage des ärztlichen Personals in Kliniken und Praxen zum praktischen Umgang mit Gewaltbetroffenen und bestehenden Unsicherheiten. In der zweiten Studiengruppe wurde eine zu dieser Thematik von Medizinstudierenden bearbeitete Hausaufgabe ausgewertet. Neben der deskriptiven statistischen Auswertung in beiden Gruppen wurden in der ersten Studiengruppe Hypothesentests durchgeführt, um Unterschiede zwischen erfahrenen und unerfahrenen Untersuchenden festzustellen.
Ergebnisse
Von den befragten Ärztinnen und Ärzten (n = 94) dokumentieren 81,9 % Verletzungen schriftlich, 63,8 % fertigen Fotografien an und 43,6 % entnehmen fallabhängig Blut- und Urinproben. Lediglich 8,5 % führen eine Spurensicherung durch. Unsicherheiten bestehen im Erkennen und Ansprechen von Gewaltfolgen, in der gerichtsverwertbaren Beweissicherung und rechtlichen Aspekten. Es wurden Fortbildungen, rechtsmedizinische Beratung und Dokumentationshilfen als Unterstützung gefordert. Die Auswertung der Medizinstudierenden (n = 190) ergab Unsicherheiten insbesondere in der Spurensicherung und der Interpretation der Verletzungen.
Diskussion
Derzeit bestehen eklatante Lücken in der Versorgung von Gewaltbetroffenen in medizinischen Einrichtungen. Die Ergebnisse unterstreichen, dass Unterstützungsbedarf hinsichtlich forensischer Standards und weniger bezüglich der allgemeinen medizinischen Versorgung von Gewaltbetroffenen besteht. Das Fachgebiet Rechtsmedizin verfügt in diesen Bereichen über die notwendige Expertise. Um die politischen Bestrebungen unter Einhaltung geforderter Standards umzusetzen, wäre die Etablierung spezialisierter Einrichtungen mit zentralen Kooperationen zur Rechtsmedizin ein sinnvoller Versorgungsansatz. Ferner können verbindliche Leitlinien und eine intensive Einbindung der Thematik im Medizinstudium die ärztliche Handlungssicherheit verbessern.
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Rechtsmedizin, Version of Record (VoR), Springer Medizin Verlag, Berlin, 2023, https://doi.org/10.1007/s00194-023-00621-4