Analyse und Digitalisierung der Arzneimittelinformation mittels Entwicklung und Validierung der UMmedis-App

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Der Aktionsplan 2021 – 2024 des Bundesministeriums für Gesundheit thematisiert die Optimierung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) und nennt als ein Themenfeld die Verbesserung der Information über Arzneimittel. Im Zuge der Digitalisierung kommen vermehrt elektronische Arzneimittelinformations-(AMI)-Systeme zum Einsatz. Viele AMI-Systeme sind über einen stationären Computer aufrufbar, einige können bereits als App-Version auf einem mobilen Endgerät genutzt werden. Die dargebotenen Informationen sind in der Regel umfassend, jedoch allgemein gehalten. Eine App mit internen Leitlinien der Universitätsmedizin Mainz (UMM) und Therapieempfehlungen zur Nutzung auf mobilen Endgeräten zu entwickeln, war daher das Ziel der vorliegenden Arbeit. Die App umfasst ein breites allgemeines Informationsangebot, bietet aber auch spezielle Informationen für einzelne Nutzergruppen. Die Informations- und IT-Architektur der bereits programmierten englischsprachigen App PharmaFrog® (Herausgeber: Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz) diente als Grundlage für die Entwicklung der UMmedis-App. Die Erstellung der modular aufgebauten App erfolgte mittels einer Kopie der PharmaFrog®-Datenbank nach Löschung der englischsprachigen Inhalte. Um die UMM-internen Dokumente optimal in der App darstellen zu können, wurden zusätzliche Module entwickelt. Das Modul ‚FAQs‘ wurde für die Eingabe organisatorischer und therapeutischer Fragenstellungen programmiert, die häufig telefonisch an die Apotheke der UMM gerichtet werden. Das Modul ‚Indikationen‘ wurde analog der Unterteilung im Leitfaden ‚Kalkulierte Antibiotikatherapie‘ in die beiden Altersgruppen ‚Erwachsene‘ und ‚Kinder‘ aufgeteilt. Zwar bezieht sich die App aktuell überwiegend auf die Medikation von Erwachsenen, doch ist damit eine Basis für zukünftige Entwicklungen gelegt. Für die Wiedergabe der als PDF-Dokumente vorhandenen Äquivalenzdosistabellen wurde das Modul ‚Arzneimittelsubstitution‘ entwickelt. Wird ein Patient zur stationären Behandlung aufgenommen, erfolgt im Rahmen der Anamnese eine Umstellung der Hausmedikation auf ein Präparat der Arzneimittelliste (AML) der UMM. Ist ein wirkstoffgleiches Präparat gelistet, so erfolgt eine Aut-idem-Substitution, andernfalls erfolgt eine Aut-simile-Substitution auf ein Präparat der gleichen Wirkstoffgruppe (WSG). Zum Check von potenziellen Arzneimittelinteraktionen stehen den Ärzten verschiedenste Informationsquellen zur Verfügung, die von den Fachinformationen bis hin zu spezifischen Datenbanken reichen. Nachteilig ist, dass die Informationsquellen keine oder unterschiedliche Einteilungen zur Relevanz des von der Interaktion ausgehenden Schadens benutzen. Zur Optimierung des Interaktionschecks und damit der AMTS in einer sensiblen Patientengruppe wurde bedarfsorientiert das Modul ‚Onko-Interaktionen‘ der UMmedis-App entwickelt. Die Darstellung von Arzneimittelinteraktionen in der UMmedis-App beschränkt sich auf klinisch relevante schwerwiegende und sehr schwerwiegende Interaktionen zwischen onkologischen und nicht-onkologischen Arzneimitteln sowie zwischen onkologischen Arzneimitteln. Bei der Gestaltung der UMmedis-App und dem Design wurde großer Wert auf die Benutzerfreundlichkeit gelegt. Die App-Karten einzelner Module wurden farblich einheitlich gestaltet und jedem Modul wurde ein spezifisches Symbol mit hohem Wiedererkennungswert zugeordnet. Navigationsstrukturen wie die ‚Zurück-Navigation‘ oder die ‚Suchfunktion‘ erleichtern Nutzern die Anwendung der App. Die erstellte UMmedis-App wurde auf Machbarkeit, Praxistauglichkeit und Akzeptanz der Darstellung UMM-interner AMI in App-Version geprüft. Die Nutzungsdaten der UMmedis-App wurden über den Zeitraum beider Testphasen anonym über das Statistik-Tool Matomo® aufgezeichnet. Der Machbarkeitstest ergab erste Erkenntnisse zu den Inhalten, der Darstellung, der Anwendung in der Praxis und der technischen Parameter. Die überwiegend positiven und konstruktiven Rückmeldungen der Tester wurden bei der weiteren Entwicklung der App berücksichtigt. So wurde der Ausbau der Module ‚Indikationen‘, ‚Wirkstoffe‘, Arzneimittelsubstitution‘ und ‚Onko-Interaktionen‘ forciert, denn die Tester bewerteten diese als besonders hilfreich für die tägliche Praxis. Die Prüfung auf Nutzbarkeit wurde mit ausgewählten Modulen der UMmedis-App durchgeführt. Die Module ‚Indikationen‘ (‚Kalkulierte Antibiotikatherapie‘), ‚Onko-Interaktionen‘ und ‚Arzneimittelsubstitution‘ wurden von drei unterschiedlichen Testgruppen (insgesamt 33 Ärzte, 4 Apotheker und weiteres pharmazeutisches Personal, Pflegepersonal) getestet. Der umfangreichsten Testung unterlag das Modul ‚Arzneimittelsubstitution‘, welches zu-nächst im Rahmen des Arzneimittelsubstitutions-Service der Apotheke auf Funktionalität und Richtigkeit geprüft wurde. Das Substitutionsmodul wurde mit dem Ziel entwickelt, die Arzneimittelsubstitution von der papierbasierten Fax-Formular-Version auf die App-Version und eigenständige Substitution durch das Stationspersonal umzustellen. Folgerichtig testeten zwei Stationen des Zentrums für Orthopädie und Unfallchirurgie (ZOU) die Nutzbarkeit des Moduls. Innerhalb des Testzeitraums der Stationen des ZOU wurden insgesamt 35 mittels App machbare Substitutionsanfragen registriert und davon rund 30 % von den Stationen eigenständig und erfolgreich durchgeführt. Die abschließend durchgeführten Zufriedenheitsumfragen nach der ‚System Usability Scale‘ (SUS) ergaben für alle Module überwiegend sehr positive Ergebnisse. Aus der Testgruppe des Moduls ‚Indikationen‘ (‚Kalkulierte Antibiotikatherapie‘) nahmen 8 Ärzte an der Umfrage teil und bescheinigten der App im Mittel eine ‚perfekte‘ Benutzerfreundlichkeit [durchschnittlicher SUS-Score 29 von 30]. Der SUS-Score der Zufriedenheitsumfrage für das Modul ‚Onko-Interaktionen‘ lag bei den 9 Teilnehmern im Mittel bei 29 von 30 und entsprach ebenfalls einer ‚perfekten‘ Benutzerfreundlichkeit. Von den ZOU-Stationen bewertete die Mehrheit der 15 Teilnehmer die Benutzerfreundlichkeit der App mit ‚exzellent‘ [durchschnittlicher SUS-Score 24 von 30]. Die Verfügbarkeit spielt eine wesentliche Rolle für die Nutzerzufriedenheit und die Akzeptanz einer App. Bei der UMmedis-App handelt es sich zurzeit um eine Offline-App, was zur Nutzung der meisten Funktionen ausreichend ist. Eine Umstellung auf eine Online-App ist problemlos möglich, sobald eine flächendeckende WLAN-Versorgung gegeben ist. Eine stabile und flächendeckende WLAN-Versorgung ist auch Voraussetzung, um das Potential der Nachrichtenfunktion optimal auszuschöpfen, die in den klinischen Bereichen der UMM eine innovative Lösung für eine schnelle und unkomplizierte Kommunikation darstellt. Die neu entwickelte UMmedis-App erweist sich als sehr nützliches Tool zur Verbesserung des Medikationsmanagements und bietet einen einfachen und sicheren Zugang zu den UMM-internen Leitlinien und Therapieempfehlungen. Es konnte gezeigt werden, dass eine Darstellung heterogener und komplexer PDF-Dokumente in einem App-Format möglich ist. Gleichzeitig konnte durch eine durchdachte Informations- und IT-Architektur, durch ein ansprechendes Design und über hilfreiche Navigationselemente die intuitive Bedienbarkeit gefördert werden. Vormals papierbasierte Vorgänge im Rahmen der Arzneimittelsubstitution lassen sich von der Fax-Formular-Version auf die App-Version umstellen. Der Zugang zu AMI konnte durch die Bereitstellung der UMmedis-App optimiert werden. Nun gilt es, den Ausbau und die Bekanntheit der App weiter voran zu bringen und das Potenzial der App zu nutzen.

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