Sensitivität humaner Immunzellen gegenüber ionisierender Strahlung und anderen genotoxischen Noxen

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Der Mensch ist stets radioaktiver Strahlung ausgesetzt: täglich durch die natürliche Hintergrundstrahlung, bei Reisen mit dem Flugzeug, in radioaktiv verseuchten Gebieten nach nuklearen Unfällen sowie in medizinischer Diagnostik und Therapie. Die Zellen im menschlichen Körper reagieren nicht in gleicher Weise auf ionisierende Strahlung (IR). Insbesondere Blutzellen sind sehr strahlensensitiv. Dies führt während der Strahlentherapie zur Immunsuppression. Die vorliegende Arbeit hatte zum Ziel, die Strahlensensitivität der verschiedenen Blutzellpopulationen vergleichend zu untersuchen. Es wurde gezeigt, dass lymphoide Blutzellen wie T-, B- und NK-Zellen sowie CD34-positive Vorläuferzellen signifikant strahlensensitiver sind als Zellen der myeloiden Reihe wie Monozyten, Makrophagen und Dendritische Zellen. DNA-Doppelstrangbrüche (DSB), die Hauptursache der Toxizität von ionisierender Strahlung, wurden in den untersuchten Blutzellen jedoch effizient repariert. Dies äußerte sich in der zeitlichen Abnahme von H2AX, ein Marker für DSB. Eine Ausnahme bildeten Granulozyten, die nach γ-Strahlung keine H2AX-Foci ausbildeten und keinen strahleninduzierten Zelltod untergingen. T-Zellen von Patienten, die einer Ganzkörperbestrahlung ausgesetzt waren, zeigten signifikant mehr persistierende H2AX-Foci als Monozyten. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wurde eine Methode entwickelt, um DNA-Schäden in Zellen aus nur einem aus der Fingerkuppe mikro-invasiv entnommenen Tropfen Blut zu analysieren. Diese Bluttropfenmethode (blood drop method, BDM) ermöglicht schnelle Analysen von DNA-Schäden in Ko-Färbung mit Oberflächenmarkern von T-Zellen und Monozyten, individuelle Bestimmungen von DNA-Reparaturkinetiken, ein Anfärben weiterer diagnostischer Proteinmarker sowie eine Adaption auf Mausexperimente. Die BDM stellt einen wichtigen Schritt dar, um epidemiologische Feldstudien, bio-dosimetrische Bestimmungen und die Überwachung von Patienten in der personalisierten Krebstherapie hinsichtlich Analysen von DNA-Schäden in Blutzellen einfach und effizient durchführen zu können. Weiterhin wurde in der vorliegenden Arbeit die Strahlensensitivität von unstimulierten und CD3-/CD28-stimulierten T-Zellen (Lymphozyten) verglichen. Eine Aktivierung von CD3- und CD28-Rezeptoren, wie sie bei Immunreaktionen und in der Immuntherapie auftritt, führte in den Zellen zu einer Strahlenresistenz. Es wurde aber auch eine erhöhte Capaseaktivität, PARP-1-Spaltung und eine Induktion von reaktiven Sauerstoffspezies beobachtet. Unstimulierte Lymphozyten starben nach Bestrahlung einen Caspase-unabhängigen Zelltod. In der Reparatur strahleninduzierter DNA-Schäden sowie in der Induktion und Phosphorylierung von p53 konnten keine Unterschiede zwischen unstimulierten und stimulierten Lymphozyten festgestellt werden. Die DNA-Schadensantwort (DNA damage response, DDR) ist jedoch erheblich in der Einleitung des Zelltodes in Lymphozyten nach Bestrahlung beteiligt. So zeigte sich durch eine Hemmung von Faktoren der DDR wie des MRN-Komplexes, ATM, CHK1 und CHK2 ein Schutz von Lymphozyten gegenüber IR. Die strahlenresistenteren stimulierten Lymphozyten zeigten nach IR eine geringere Aktivierung von ATM als auch eine transkriptionelle Herabregulation von ATM im Vergleich zu ihrem unstimulierten Gegenpart. Inhibitoren von ATR, PARP-1, p53, RIPK1, Survivin und MTH1 zeigten keinen Einfluss auf den IR-induzierten Zelltod in Lymphozyten. Eine Hemmung des Enzyms MTH1 war zudem toxisch in stimulierten Lymphozyten. Im Gegensatz zur IR zeigten stimulierte Lymphozyten im Vergleich zu den unstimulierten Zellen eine hohe Sensitivität gegenüber dem bakteriellen Toxin und Radiomimetikum CDT sowie dem methylierenden Chemotherapeutikum Temozolomid. Unstimulierte Lymphozyten hingegen waren besonders sensitiv gegenüber dem DNA-Crosslinker und Chemotherapeutikum Mafosfamid. Geringe Dosen Mafosfamid zeigten eine selektive Toxizität gegenüber immunhemmenden regulatorischen T-Zellen im Vergleich zu zytotoxischen T-Zellen und T-Helferzellen. Die hier dargestellten Untersuchungen zur DNA-Reparatur und Toxizität von Blutzellen nach gentoxischen Noxen dienen u.a. zur Optimierung immuntherapeutischer Strategien insbesondere in Kombination mit Strahlentherapie, konventioneller Chemotherapie und pharmakologischer Inhibitoren.

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