Language and identity in exile: latvians in Canada
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Abstract
Diese Studie untersucht die Identitätsbildung früherer lettischer Displaced Persons (DPs) und deren Kinder in Kanada und analysiert den Erhalt der lettischen Sprache innerhalb der lettischen Diaspora in Kanada. Ziel der Studie ist zu erklären, warum 70 Jahre nach dem Ende der Immigration lettischer DPs nach Kanada die lettische Sprache dort noch immer lebendig ist, sowie die Faktoren zu identifizieren, die zum Erhalt des lettischen kulturellen und sprachlichen Erbes beigetragen haben.
Diese Arbeit basiert sowohl auf quantitativen als auch qualitativen Daten, die zwischen September und November 2018 innerhalb der lettischen Diaspora gesammelt wurden. Die Analyse der quantitativen Umfragedaten zeigt, dass Lett:innen in Kanada noch immer über gute lettische Sprachkenntnisse verfügen, der Spracherhalt aber nichtsdestotrotz akut gefährdet ist. Diese Gefährdung geht primär auf einen Rückgang der lettischen Sprache innerhalb des privaten Umfelds sowie eine sinkende Weitergabe der Sprache an die nächste Generation zurück. Trotz der Gefährdung des Lettischen in Kanada legt die Analyse nahe, dass die Sprechergemeinschaft mit ihrer Situation in Kanada und der dortigen Gesetzgebung zufrieden ist. Sie stellt keine Forderungen nach mehr Unterstützung an politische Entscheidungsträger:innen und betrachtet den Erhalt der lettischen Sprache ihre Aufgabe, die nicht gesetzlich geregelt werden sollte. Die Analyse zeigt darüber hinaus, dass die Gruppe Kanada heute als Heimat betrachtet und keine Absicht hat, nach Lettland zurückzukehren.
Wie aus Kanada eine neue Heimat werden konnte, lässt sich anhand der qualitativen Interviewdaten erklären. Deren Analyse zeigt, dass Lett:innen in Kanada eine eigenständige kanadisch-lettische Identität entwickelt haben, die zum einen auf einem neuen Heimatgefühl der Gruppe und zum anderen auf deren kollektiven Gedächtnis beruht. Die vorliegende Studie zeigt, wie die kanadischen Lett:innen Kanada nach dem Zweiten Weltkrieg von einem unbekannten Ort zu ihrer neuen Heimat gemacht haben – ein Prozess, der mit der Replizierung lettischer Strukturen und Organisationen begann, um diese bis zur Wiedererlangung der lettischen Unabhängigkeit bewahren zu können. Es wird dargelegt, wie der Aufbau der Strukturen und Organisationen die lettischen Einwander:innen in die Lage versetzt hat, in Kanada ein lettisches Leben zu führen und sich dadurch sukzessive in das Aufnahmeland zu integrieren.
Die Analyse zeigt darüber hinaus, wie diese Lebensführung das kollektive Gedächtnis der Gruppe – bestehend aus dem kulturellen und dem kommunikativen Gedächtnis – beeinflusst hat. Das kulturelle Gedächtnis ist lettisch geprägt, und die Interviewteilnehmer:innen empfinden Stolz auf ihr kulturelles Erbe. Gleichzeitig ist das kommunikative Gedächtnis geprägt durch die Erfahrungen in Kanada, die von den Interviewteilnehmer:innen ebenso wertgeschätzt werden. Sie sehen diesen Dualismus aus positiven Errungenschaften beider Kulturen als Stärke und ihre kanadisch-lettische Identität somit als stärker als deren Einzelidentitäten. Die Studie zeigt auf, inwieweit die kanadisch-lettische Identität daher als Beispiel von Integration betrachtet werden kann.
Schlagwörter
Spracherhalt, Identitätsbildung, Integration, Multikulturalismus, Zwangsmigration, Diasporastudien, Soziolinguistik, lettische Diaspora, Lettisch, Kanada