Method development and application of quantitative analysis of lignin oxidation products as vegetation biomarkers in speleothems and cave drip water
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Klimaarchive, wie z.B. Eisbohrkerne, Sedimente und Speläotheme, konservieren In-
formationen über das Klima und die Vegetation der Vergangenheit. Speläotheme
haben gegenüber anderen Klimaarchiven bestimmte Vorteile: Sie kommen auf allen
Kontinenten außer der Antarktis vor, können über mehrere tausend Jahre kontinuier-
lich und ohne Verlust der Zeitauflösung wachsen, und sie lassen sich mit der
230 Th-U-
Methode präzise auf bis zu 640000 Jahre vor unserer Zeit datieren. Die am häufigsten
verwendeten Stellvertretersubstanzen (Proxies) in Speläothemen sind stabile Isoto-
penverhältnisse, wie z.B. δ 13 C und δ 18 O, sowie Spurenelemente. In den letzten Jahren
haben jedoch organische Proxies und Multi-Proxy-Ansätze zunehmend an Aufmerk-
samkeit gewonnen. Lignin ist ein Biopolymer, das ausschließlich in Gefäßpflanzen
produziert wird. Es besteht hauptsächlich aus drei phenolischen Monomeren, deren
Verhältnis sich zwischen angiospermen und gymnospermen Pflanzen sowie zwischen
verholzter und nicht verholzter Vegetation unterscheidet. Somit liefert die Analyse
von Lignin nicht nur Informationen über die Vegetationsdichte, sondern auch über
die Art der Vegetation, und eignet sich daher besonders gut als Vegetationsproxy
in Klimaarchiven. Folglich ist die Verwendung von Ligninphenolen als Vegetations-
proxies in Sedimenten, Torfbohrkernen und natürlichen Gewässern weit verbreitet.
In Speläothemen dagegen wurden Ligninphenole zwar bereits nachgewiesen, aber es
wurde noch keine quantitative Analyse von Ligninphenolen in Speläothemen durch-
geführt. Da die Konzentration an organischem Material in Speläothemen sehr gering
ist, ist eine sehr empfindliche und nachweisstarke Analysemethode erforderlich.
Im ersten Teil dieser Arbeit wurde eine selektive und empfindliche Methode für
die quantitative Analyse von Ligninphenolen in Speläothemen, Höhlentropfwasser
und Bodenproben entwickelt. Die Speläothemproben wurden in Säure aufgelöst und
die saure Lösung durch Festphasenextraktion (SPE) extrahiert. Das in den Extrak-
ten enthaltene polymere Lignin wurde mittels CuO-Oxidation oxidativ in monome-
re Ligninoxidationsprodukte (LOPs) aufgespalten. Die LOPs wurden anschließend
durch SPE extrahiert und angereichert und schließlich mittels Ultra-Hochleistungs-
Flüssigchromatographie gekoppelt an Elektrospray-Ionisation und hochauflösende
Massenspektrometrie (UHPLC-ESI-HRMS) analysiert. Außerdem wurde eine elek-
trolytische Methode für den oxidativen Abbau von Lignin als Alternative zur CuO-
Oxidation entwickelt, jedoch waren die LOP-Ausbeuten aus Speläothemproben nicht
zufriedenstellend und es kam zu Problemen durch eine Überoxidation der freige-
setzten LOPs. Alle Probenvorbereitungs- und Analyseschritte wurden optimiert und
an die niedrigen Konzentrationen organischen Materials in Speläothemen und Höh-
lentropfwasser angepasst. Die Methode wurde erfolgreich getestet und validiert und
zeigte eine ausreichende Empfindlichkeit um selbst Spurenkonzentrationen von Lignin
nachzuweisen, wobei Nachweisgrenzen im niedrigen ng/g-Bereich erreicht wurden. Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde die entwickelte Analysemethode dann auf ver-
schiedene Speläothem-, Boden- und Tropfwasserproben angewendet. Die Ergebnisse
wurden mit Daten von stabilen Isotopen und Spurenelementen sowie mit bekann-
ten Klima- und Vegetationsveränderungen verglichen und korreliert. Die erste Probe
war ein 11000 Jahre alter Stalagmit aus dem Holozän aus der Herbstlabyrinthhöhle
in Deutschland. Zusätzlich wurde im Rahmen eines Höhlenmonitoring-Programms
monatlich Tropfwasser aus der gleichen Höhle beprobt und auf LOPs analysiert,
um jahreszeitliche Schwankungen des Lignineintrags zu untersuchen. Die Ergebnis-
se zeigten, dass die LOP-Signale im Stalagmiten eine signifikante zeitliche Variation
auf der Zeitskala von Jahrhunderten bis Jahrtausenden aufwiesen. Die Gesamt-LOP-
Konzentration, Σ8, im Stalagmit war mit den Konzentrationen von Phosphor, Barium
und Uran korreliert, welche in früheren Studien als Vegetationsproxies interpretiert
wurden. Der klare Vorteil von Σ8 im Vergleich zu diesen Spurenelementen besteht
darin, dass das Lignin ausschließlich von höheren Pflanzen und nicht z.B. von Mikro-
organismen oder dem Wirtsgestein stammt. Daher kann Σ8 dazu beitragen, potenzi-
elle Vegetationsproxies mit weniger eindeutigen Quellen besser zu interpretieren. Die
Analyse des Höhlentropfwassers zeigte einen saisonalen Verlauf mit höheren LOP-
Konzentrationen im Sommer und niedrigeren Konzentrationen im Winter. In zwei
weiteren Anwendungsbeispiele wurde das Potenzial der LOPs als Vegetationspro-
xies anhand spezifischer Fragen der Paläovegetationsforschung untersucht. Das erste
Beispiel war ein kleiner, nur 200 Jahre alter Stalagmit aus der Zoolithenhöhle in
Deutschland. Aus historischen Quellen war in der Gegend um die Zoolithenhöhle ei-
ne schnelle Vegetationsänderung von Grasland zu Laubwald bekannt. Im Stalagmiten
konnte jedoch bei den etablierten Vegetationsproxys, wie z.B. δ 13 C, keine signifikante
Veränderung der gemessenen Signale festgestellt werden. Die LOP-Signale hingegen
konnten diese Vegetationsänderung sichtbar machen, und zwar sowohl in der Gesamt-
LOP-Konzentration, Σ8, als auch in den LOP-Verhältnissen C/V und S/V, welche
Aufschluss über die Art der Vegetation geben. Im zweiten Beispiel wurden mehrere
Proben eines Flowstones aus der Cueva Victoria im Südosten Spaniens analysiert.
Die Proben stammten aus drei verschiedenen geologischen Epochen: dem Holozän,
der letzten Eiszeit und dem Eem-Interglazial. Die δ 13 C-Verhältnisse zeigten in diesen
Flowstones mehrere ausgeprägte Schwankungen, welche als schnelle Verschiebungen
zwischen feuchteren und trockeneren Klimaperioden interpretiert wurden, durch die
sich auch die Art und Dichte der Vegetation veränderte. Die LOP-Analyse dieser
Proben konnte die vermuteten Vegetationsveränderungen bestätigen und damit die
Gesamtinterpretation zuverlässiger machen.
Ein weiteres wichtiges Ziel dieser Arbeit war es, besser zu verstehen, wie das Lignin
aus dem Boden durch das Karstsystem in die Höhle transportiert wird und welche
Rolle dabei z.B. der mikrobielle Abbau des Lignins oder die Wechselwirkung mit
mineralischen Partikeln spielen. Diese Mechanismen scheinen einen größeren Einfluss
auf die Ligninverhältnisse C/V und S/V zu haben. Insbesondere sollte die Frage be-
antwortet werden, ob die ursprüngliche Ligninzusammensetzung, welche direkt von
der Art der über der Höhle befindlichen Vegetation abhängt, trotz der unterschied-
lichen Einflüsse von Transport und Abbau bewahrt bleibt und aus der Analyse der
Speläothemproben erhalten werden kann. Dazu wurde eine systematische Vergleichsstudie mit Proben aus vier verschiedenen Höhlen aus verschiedenen Vegetationszo-
nen in Neuseeland durchgeführt. Aus jeder Höhle wurden Boden-, Tropfwasser- und
Speläothemproben analysiert und die Ligninzusammensetzung verglichen. Die Ergeb-
nisse zeigten, dass trotz der diversen Einflüsse des Transports, des Abbaus und der
Adsorption an Mineralien der "Fingerabdruck"der darüber liegenden Vegetation in
der in den Speläothemen eingeschlossenen Ligninzusammensetzung erhalten bleibt.
Die Ergebnisse zeigten aber auch, dass die C/V- und S/V-Verhältnisse des Lignins
in den Speläothemen nicht als absolute Werte angesehen werden können, aus denen
sich direkt ein bestimmter Pflanzentyp ableiten ließe, da die Prozesse während des
Transports die C/V- und S/V-Verhältnisse signifikant verändern können. Die relati-
ven Variationen, die durch die Veränderung der Vegetation über die Zeit an einem
Höhlenstandort verursacht werden, werden jedoch wahrscheinlich im Lignin des Spe-
läothems bewahrt, solange sich die Transportprozesse und -bedingungen oberhalb
der Höhle nicht zu stark verändern.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Analyse von Ligninoxidationsproduk-
ten einen neuen und hochspezifischen Vegetationsproxy zur Rekonstruktion der Pa-
läovegetation und des Paläoklimas aus Speläothem-Archiven liefert. Damit steht ein
weiteres, neues Werkzeug in der “Proxy-Toolbox” zur Verfügung, mit dem die In-
terpretation anderer Proxies insbesondere in Multi-Proxy-Ansätzen verbessert wer-
den kann. Die Anwendung der in dieser Arbeit entwickelten Methode auf weitere
Speläothem- und Tropfwasserproben aus verschiedenen Vegetationszonen und kli-
matischen Bedingungen kann zudem das Verständnis des Transports organischen
Materials vom Boden in das Höhlensystem verbessern.