Der Einfluss des Endocannabinoidsystems auf die Cortexentwicklung der Maus
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Der Neokortex stellt den phylogenetisch jüngsten Teil des Säugergehirns dar und seine Bildung während der Embryonalperiode ist ein komplex gesteuerter Prozess, der von intrinsischen und extrinsischen Einflussfaktoren abhängig ist. Im Verlauf der letzten Jahrzehnte wurde mit der Entdeckung des Endocannabinoidsystems auch dessen Bedeutung für die Entwicklung des Gehirns im Allgemeinen und des Neocortex im Speziellen beleuchtet.
Das Endocannabinoidsystem ist ein retrogrades Neurotransmittersystem, das nahezu im gesamten Gehirn vorhanden ist und aus den Endocannabinoiden, hauptsächlich Anandamid und 2-Arachidonoylglycerol, deren auf- und abbauenden Enzymen und seinen Rezeptoren, dem Cannabinoidrezeptor 1 und dem Cannabinoidrezeptor 2 besteht. Während das Endocannabinoidsystem im adulten Gehirn durch Inhibition von exzitatorischen oder inhibitorischen Afferenzen sowohl hemmend als auch stimulierend wirken kann und hierdurch für eine neuroexzitatorische Balance sorgt, übernimmt es während der Entwicklung des Gehirns in der Embryonalphase viele wichtige Aufgaben, die sich von denen im adulten Gehirn unterscheiden:
Neben einem Einfluss auf die Zellteilungsrate und die Migration von sich entwickelnden Neuronen, wird auch die Ausbildung von Zellfortsätzen und deren Verzweigung durch das Endocannabinoidsystem reguliert. Die Auswirkungen von erniedrigten AEA-Spiegeln wurden bisher jedoch lediglich in vitro untersucht. Da die Corticogenese jedoch ein dreidimensionaler, durch Umgebungsfaktoren beeinflusster Prozess ist, ist die Untersuchung dieser Vorgänge in vivo von Relevanz.
In den letzten Jahren hat sich die Technik der in utero-Elektroporation zunehmend etabliert und konnte kürzlich für die gut untersuchte Mauslinie C57BL/6 optimiert werden. Mithilfe dieser Technik können Veränderungen an Embryonen in vivo vorgenommen werden, indem genetisches Material von außen eingebracht und per Elektroporation in Zellen des Zielgewebes eingeschleust wird. Im Anschluss kann die weitere physiologische Embryonalentwicklung voranschreiten und schließlich können die Auswirkungen der Veränderungen zu einem beliebigen Zeitpunkt untersucht werden.
In dieser Arbeit wurden zwei Plasmide konstruiert, die sich für die Verwendung im Rahmen der in utero-Elektroporation eignen und zu einer Überexpression des AEA abbauenden Enzyms FAAH in Zielzellen führen sollten. Als Vorlagevektor diente der etablierte eukaryotische Expressionsvektor pCAGIG, der neben dem starken CAG-Promotor über eine interne ribosomale Eintrittsstelle (IRES) und das Reportergen GFP verfügt. In diesen Vektor wurde die FAAH-Sequenz zusammen mit einem HA-tag aus einem viralen Expressionsvektor einkloniert und die ordnungsgemäße Funktion des entstandenen Konstrukts überprüft. Daneben wurde ein zweiter Vektor generiert, der mithilfe eines floxed stops eine Cre- Rekombinase-abhängige und damit zelltypspezifische Expression von FAAH ermöglichen sollte. Außerdem wurden geeignete Techniken zur Auswertung von transfiziertem Gewebe untersucht.
Mithilfe von Experimenten in Zellkultur konnte die ordnungsgemäße Funktion beider Vektoren durch Fluoreszenzmikroskopie und Proteinnachweismethoden bewiesen werden. Sie können in der Zukunft für die Untersuchung einer erniedrigten AEA- Konzentration auf die Entwicklung des Neocortex verwendet werden. Da physiologischerweise hauptsächlich glutamaterge Projektionsneuronen FAAH exprimieren, wäre für die Zukunft beispielsweise eine Kombination von pCAGIG- floxstop-HA-FAAH mit einer NEX-Cre-Maus von Interesse.
Im Rahmen der Aufbereitung von transfiziertem Gewebe erwies sich eine Schnittdicke der Gefrierschnitte von 80 μm als optimal, während eine Präparation von Gewebe vor Fixierung zu besseren Ergebnissen führte als eine nachträgliche Präparation. Es wurde gezeigt, dass zur Identifikation erfolgreich transfizierter Areale ein immunhistochemischer Nachweis des Reportergens GFP dem reinen fluoreszenzmikroskopischen Nachweis von nativem GFP vorzuziehen ist. Maßgebliche Einflussfaktoren der Transfektionseffizienz waren die Dauer des Eingriffs, der sichere Kontakt der Elektrodenpinzette zu dem zu elektroporierenden Gewebe und eine vorsichtige Injektion der DNA-Lösung.