Auswirkungen kontaminierter Medium-Zusätze auf die quantitative microRNA-Analyse oligodenroglialer extrazellulärer Vesikel
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Im zentralen Nervensystem werden Neurone von oligodendroglialen Myelinscheiden umschlossen, welche maßgeblich für das Aufrechterhalten neuronaler Integrität und das Bereitstellen von energiereichen Metaboliten sind. In vitro Studien zeigen darüber hinaus eine an neuronale Aktivität gekoppelte gliale Unterstützung über oligodendrogliale extrazelluläre Vesikel (EV), welche eine erhöhte neuronale Stressresistenz vermitteln. EVs bestehen aus einer schützenden Lipid-Doppelmembran und können ihre aus Proteinen und Nukleinsäuren bestehende Fracht innerhalb eines Organismus zwischen Zellen transportieren. Auch microRNAs (miRNAs), die Teil der posttranskriptionellen Regulation sind, können mittels EVs transferiert werden. Um zellspezifische EV-Analysen durchführen zu können, muss überwiegend auf Zellkultur-Modelle zurückgegriffen werden, wofür seit Dekaden Wachstumsmedien mit Serumszusätzen (z.B. fetales Rinderserum, FBS) verwendet werden. Seren beinhalten Proteine, Vesikel und RNAs, wodurch die Erforschung von EVs und deren Inhalt erschwert wird. Als Alternative fand die Verwendung von Vesikel-depletierten Seren oder serum-freien, chemisch definierten Supplementen, die als RNA , Vesikel- und Partikel-frei gelten, Einzug in Zellkultur-Methoden für Analysen von EVs.
In der vorliegenden Arbeit konnte zunächst festgestellt werden, dass die Validierung eines vorhandenen miRNA-Datensatzes von Oligodendrozyten und entsprechenden EVs ohne Medium-Kontrollen mittels RT-qPCR (quantitativer Echtzeit-PCR) keine relevanten Signifikanzen hervorbrachte. Basierend auf diesen Resultaten sollten oligodendrogliale EV-miRNAs unter vollumfänglicher Integration von serum-freien Medium-Kontrollen erneut auf ihre biologische Relevanz untersucht werden. Hierbei ergaben sich fünf Erkenntnisse, welche bei Nichtberücksichtigung zu Verfälschungen von EV-Ergebnissen führen können und auf Bestandteile der Medium-Kontrolle zurückzuführen sind (1-5): (1) Bei Nanopartikel Tracking Analysen der Medium-Kontrollen nach differentieller Ultrazentrifugation (dUZ) wurden Partikel im Größenbereich von kleinen EVs detektiert. Durch Anwendung von EV-Isolationsmethoden, (2) Größenausschluss-Chromatographie und (3) dUZ wurden miRNAs aus der Medium-Kontrolle aufgereinigt und mittels RT-qPCR und NGS (Sequenzierung der nächsten Generation) nachgewiesen. (4) Zudem war ein Viertel der miRNA-Kontamination aus der Medium-Kontrolle nach RNase-Behandlung (anerkannte Methode zur Analyse von RNAs innerhalb von EVs) weiterhin detektierbar. (5) Des Weiteren konnten Proteine, welche zuvor als EV-Inhalt beschrieben wurden, im Pellet der Medium-Kontrolle nach dUZ detektiert werden. Die beschriebenen Erkenntnisse können EV-Ergebnisse auf verschiedenen Ebenen verfälschen, was eine entsprechende Anpassung der MISEV-Vorgaben (engl. minimal information for studies of extracellular vesicles) nach sich ziehen müsste.
Detaillierte Untersuchungen, zur Feststellung des Ursprungs der miRNA-Verunreinigung, deckten miRNA-Kontaminationen bei verschiedenen industriell hergestellten serum-freien Supplementen (B27 und NS21) auf. Mittels individueller Inhaltsstoff-Analysen konnten kommerziell erworbene Katalasen als miRNA-kontaminierte Komponente identifiziert werden. Der Nachweis
abundanter miRNAs aus den jeweiligen Ursprungsgeweben der Katalasen, könnte möglicherweise auch andere Forschungsgebiete (z.B. extrazelluläre RNA) beeinflussen.
Des Weiteren gelang in der vorliegenden Arbeit die Entwicklung einer in silico durchgeführten Medium-Kontroll-Korrektur, wodurch der Einfluss der miRNA-Kontamination eingedämmt werden konnte. Hierfür wurden 97 % der kontaminierenden miRNA-Reads der Medium-Kontrolle (was zehn miRNAs ausmacht) aus der Analyse ausgeschlossen. Durch einen parallel durchgeführten Ansatz, bei dem EVs ohne (miRNA-kontaminierte) Supplemente isoliert wurden, konnten die in silico Ergebnisse bestätigt werden. Die umfangreiche Beschreibung der miRNA-Kontaminationen in der Medium-Kontrolle waren dementsprechend essentiell für belastbare Analysen oligodendroglialer EV-miRNAs. Zusätzlich kristallisierte sich unter anderem miR-92b-3p als EV-angereichert heraus, die eine mögliche biologische Relevanz haben könnte und bereits als neuroprotektiv beschrieben wurde.
In der vorliegenden Arbeit konnten somit nicht nur miRNA-Kontaminationen in sogenannten „chemisch definierten“ Supplementen beschrieben werden, sondern auch Lösungsvorschläge aufgezeigt werden, wie Analysen von biologisch relevanten miRNAs stringent durchgeführt werden können.
