Hörrehabilitation bei einseitiger Ertaubung mittels Cochlea-Implantat: Der Einfluss der subjektiven Ertaubungsdauer auf das postoperative Einsilberverstehen nach Cochlea-Implantation
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Einleitung und Literaturdiskussion: Patienten mit einer einseitigen Ertaubung (Single
Sided Deafness, SSD) oder einem asymmetrischen Hörverlust (Asymmetric
Sensorineural Hearing Loss, ASHL) haben im privaten, schulischen und beruflichen
Alltag große Einschränkungen im Vergleich zu Normalhörenden. Seit etwas mehr als
einer Dekade besteht für diese Patienten eine Therapieoption in der Versorgung mittels
Cochlea Implantat (CI). Ziel dieser retrospektiven Studie war es daher zu untersuchen,
ob die subjektive Ertaubungsdauer vor Implantation Einfluss auf die postoperativen
Hörerfolge von Patienten mit SSD/ASHL hat und ob diese von der Operation profitieren.
Material und Methoden: Es wurden insgesamt 50 Patienten identifiziert, die im
Zeitraum zwischen Dezember 2009 und Juni 2017 in der Hals-, Nasen-, Ohrenklinik und
Poliklinik der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz bei
einseitiger Schwerhörigkeit mit einem CI versorgt worden sind. In dieser Studie wurden
Patientendaten, audiologische Daten und Quality of Life (QoL)-Bögen erfasst. Eine
Gruppe von n = 37 Patienten wurde routinemäßig 3, 6 und 12 Monate postoperativ
audiometrisch untersucht und die Ergebnisse mit der subjektiven Ertaubungsdauer
korreliert. Ebenfalls erfolgte eine Befragung bezüglich der Lebensqualität der
implantierten Patienten. Die Auswertung erfolgte mithilfe einer Datenmaske in MS Excel,
Systat SigmaPlot und IBM SPSS Statistics.
Ergebnisse: Im untersuchten Kollektiv wurde auf dem zur CI-Implantation anstehenden
Ohr präoperativ ein Einsilberverständnis von 0,6 (±3,5) % bei 65 dB SPL im Freifeld bei
vertäubtem Gegenohr erreicht (Freiburger Sprachaudiometrie). Im Rahmen der
Erstanpassung nach 3 Monaten stieg dieses Ergebnis auf 27 (±31) % und verbesserte
sich nach 12 - 36 Monaten auf 42 (±26) %. Die subjektive Ertaubungsdauer betrug zum
Zeitpunkt der Implantation 158 (± 172) Monate. Es zeigte sich keine signifikante
Korrelation zwischen den sprachaudiometrischen Ergebnissen und der subjektiven
Ertaubungsdauer (R² = 0,284, rs (nach Spearman-Rho) = -0,348, p = 0,065). Im Bern
Benefit in Single Sided Deafness Questionnaire (BBSS) zeigte sich in allen abgefragten
Items ein positives Ergebnis für das Hören mit Hörhilfe mit einem Median >1,3 auf einer
Skala von -5,0 bis +5,0. Das Item zur Beurteilung des zusammengefassten Höreindrucks
zum Hören mit Hörhilfe ergab einen Median von 4,0.
Diskussion: Die CI-Versorgung ist ein sinnvoller Therapieansatz zur Hörrehabilitation
bei SSD/ASHL. Die subjektive Ertaubungsdauer vor Implantation allein stellt
wahrscheinlich keinen negativen prädikativen Faktor dar und ist somit generell nicht als
alleinige Kontraindikation gegen eine Versorgung zu werten.