Untersuchung der Bauchwandintegrität und der Lebensqualität nach Laparostoma nach dem Koblenzer Algorithmus: Langzeitergebnisse der VAWCM-Technik (Vacuum Assisted Wound Clousure and Mesh-Mediated Fascial Traction)

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Hintergrund: Die offene Abdominalbehandlung (OA) ist ein fester Bestandteil der aktuellen Therapiestrategie bei schwerwiegenden viszeralchirurgischen Szenarien (z. B. bei Peritonitis, nekrotisierende Pankreatitis, Trauma, abdominelles Kompartmentsyndrom (ACS)). Auch in größeren Kliniken ist die Anlage eines Laparostomas selten und erfolgt standardmäßig mittels Faszienretraktion über ein implantiertes Netz unter Vakuumanwendung (VAWCM = vacuum assisted wound closure and mesh-mediated fascial traction). Dadurch konnte die Mortalität gesenkt und eine hohe Bauchdeckenverschlussrate bei niedriger Fistelrate erreicht werden. Allerdings bleibt diese Behandlung eine Herausforderung an die Chirurgie und Intensivmedizin und stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die mechanische und physiologische Integrität des Organismus dar. Bislang fehlten Langzeitergebnisse, insbesondere in Bezug auf Intensivpflegeprobleme und auf die Lebensqualität, um das Outcome des standardisierten Versorgungskonzeptes evaluieren zu können. Material und Methoden: Im Zeitraum von Mitte 2006 bis Mitte 2013 wurden 55 Patienten im Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz aus unterschiedlicher Indikation einer offenen Abdominalbehandlung nach der hiesiger, immer gleichen Vorgehensweise, dem Koblenzer Algorithmus, unterzogen und in die Studie eingeschlossen. Relevante Daten hinsichtlich der Erkrankung und der Intensivstation wurden nach Aktenlage erhoben. Die Patienten wurden zu einer strukturierten Nachsorgeuntersuchung nach mindestens 24, durchschnittlich 46,0 (CI: 38,7-57,7) Monaten eingeladen. Diese bestand aus Anamnese, dem Ausfüllen des Fragebogens SF-36, klinischer Untersuchung und Bauchdeckensonographie, gegebenenfalls mit Hernienmessung. Anschließend wurden die akquirierten Daten statistisch ausgewertet. Ergebnisse: Von 55 Patienten waren 9 intrahospital verstorben (16,4 %), 6 weitere posthospital (11 %). Zwei lehnten eine Nachuntersuchung ab, drei konnten nicht mehr aufgefunden werden. 34 Patienten konnten befragt und nachuntersucht werden. Die mediane Dauer der VAWCM betrug 10,0 Tage (1-112). Die Faszienverschlussrate lag bei 74 %/ 89 % (intention-to-treat/per-protocol), die Fistelrate bei 1,8 % und bei 12 (35 %) Patienten fand sich bei der Nachuntersuchung ein Narbenbruch, wobei Hernienpatienten eine längere Dauer der OA (23,6 vs. 8,4 Tage, p=0,07) und mehr OPs (10,3 vs. 3,4, p=0,03) aufwiesen. Bezüglich des Fragebogens SF-36 wiesen die Patienten im Vergleich zur deutschen Bevölkerungsnorm von 1994 im Bereich Physical Role (54,6 ± 41,0 (0-100), p = 0,00), Physical Functioning (68,4 ± 29,5 (0-100), p = 0,01) und Physical Component Summery (41,6) ± 13,0 (19-62), p = 0,01) in der Studienpopulation signifikant niedrigere Werte auf. Es wurden signifikante Korrelationen für die Physical Functioning mit den Gesamtkosten (r = -0,66, p = 0,01), der Menge der gegebenen Erythrozytenkonzentrate (r = -0,56, p = 0,04) und dem Intensivmedizinischen Komplex-Score (r = -0,50, p = 0,02) gefunden. Nach einer einfachen und multiplen Regressionsanalyse für die Lebensqualität hat sich nur dieser Score als prädiktiv für Physical Functioning erwiesen (R² = 0,50, β = -0,70, p = 0,02).   Fazit: Insgesamt führt eine offene Abdominalbehandlung mit VAWCM nach dem Koblenzer Algorithmus, trotz der bemerkenswerten und weiterhin bestehenden Kurzzeitmortalität sowie Morbidität, zu einer niedrigen Komplikations- und hohen Faszienverschlussrate, langfristig zu einer angemessenen Lebensqualität, wobei die Behandlungsdauer und vor allem das Auftreten von Narbenhernien das Outcome signifikant negativ beeinflussen. Der Intensiv-Komplex-Score dient als Ersatzparameter für die globale Schwere der Erkrankung und ist der einzige Prädiktor für das Physical Functioning vom SF-36-Fragebogen zur Lebensqualität. Ziel muss das Vermeiden von Narbenhernien sein, um herausfordernde und für den Patienten beeinträchtigende komplexe Bauchdeckenrekonstruktionen zu vermeiden. Die gegenwärtige Datenlage auf Basis von Studien mit geringer Fallzahl bedarf der Validierung durch multizentrische Studien.

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