N-Vinyl-2-pyrrolidon: Untersuchungen zum hepatokanzerogenen Mechanismus
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N-Vinyl-2-pyrrolidon (NVP) ist eine Industriechemikalie, welche vornehmlich als Monomer in Kunststoffen aber auch zur Herstellung von UV-härtenden Klebstoffen, Druckfarben und Beschichtungen eingesetzt wird. NVP wirkt in der Ratte nach inhalativer Exposition kanzerogen in Leber, Nase und Kehlkopf, wobei in der Leber die geringste Effektkonzentration beobachtet wurde (5 ppm). Der genaue Mechanismus der NVP-vermittelten Kanzerogenese ist bisher nicht beschrieben, jedoch liegen basierend auf in vitro und in vivo Gentoxizitäts- und Mutagenitätsstudien keine Hinweise auf einen gentoxischen Mechanismus vor.
Im Rahmen der in dieser Arbeit beschriebenen fünftägigen Inhalationsstudie an der Ratte wurde der Mechanismus der NVP-vermittelten Hepatokanzerogenese untersucht. Der Fokus lag dabei auf der Untersuchung möglicher Gentoxizität, hepatischer Rezeptoraktivierung, sowie der Induktion von oxidativem Stress.
Zur Untersuchung der Gentoxizität nach fünftägiger NVP-Inhalationsexposition von Wistar Ratten (5, 10, 20 ppm, 6 Tiere/Geschlecht und Dosis) wurde der Mikrokerntest (MNT) im Knochenmark (OECD 474) und der Comet Assay mit und ohne Formamidopyrimidin-DNA-Glycosylase (FPG) Modifikation in Leber und Lunge durchgeführt. Weder die Ergebnisse des MNT noch des Comet Assays zeigten Hinweise auf eine gentoxische Wirkung, was die bereits vorliegenden in vitro und in vivo Studien, in welchen ebenfalls keine durch NVP induzierte Gentoxizität oder Mutagenität beobachtet wurde, ergänzt und bestätigt. Demnach liegen keine Hinweise auf einen gentoxischen Mechanismus der NVP-induzierten Hepatokanzerogenese vor.
Zur Untersuchung der Beteiligung oxidativen Stresses am Wirkmechanismus der NVP-vermittelten Hepatokanzerogenese wurde der Gehalt an oxidiertem (GSSG) und reduziertem (GSH) Glutathion in Leberhomogenat der NVP-exponierten männlichen Ratten bestimmt. Veränderungen des GSH- und GSSG-Gehaltes wurden nicht beobachtet, sodass oxidativer Stress als Wirkmechanismus, bestätigt durch die negativen Ergebnisse des Comet Assays (FPG), ausgeschlossen wurde.
Zur Untersuchung möglicher nicht gentoxischer Mechanismen der Hepatokanzerogenese wurde eine potentielle Aktivierung des Arylhydrocarbon-Rezeptors (AhR), des konstitutiven Androstan Rezeptors (CAR), des Pregnan-X-Rezeptors (PXR) und des Peroxisomen Proliferator aktivierten Rezeptors (PPARα) mittels Enzymaktivitätsbestimmung von Markerenzymen in subzellulären Fraktionen der Lebern der männlichen gegen NVP exponierten Ratten analysiert. Markerenzymaktivitätserhöhungen wurden nicht beobachtet, weshalb keine Hinweise auf die Beteiligung der genannten Rezeptoren an der NVP-vermittelten Hepatokanzerogenese vorliegen.
Ein weiterer Aspekt dieser Arbeit waren Untersuchungen zur abiotischen und metabolischen Stabilität NVPs in vitro. Die bereits in vorangegangenen Studien beschriebene Säurelabilität NVPs wurde durch die Untersuchungen innerhalb dieser Arbeit bestätigt; als Hydrolyseprodukte wurden 2-Pyrrolidon und Acetaldehyd identifiziert. Untersuchungen zum NVP in vitro Metabolismus wurden mittels Inkubationen in den folgenden Systemen durchgeführt: subzelluläre Fraktionen (Leber und Lunge), Hepatozyten und Präzisionsleberschnitte (PCLS). Ein me-tabolischer Abbau wurde in subzellulären Fraktionen der Leber sowie PCLS beobachtet.
Dabei wurde 2-Pyrrolidon als Hauptmetabolit in den in vitro Systemen identifiziert und stellt in subzellulären Fraktionen den einzigen Metaboliten von NVP dar.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass ein nicht gentoxischer kanzerogener Mechanismus von NVP durch die Ergebnisse der fünftägigen Inhalationsstudie bestätigt wurde und eine zellproliferierende Wirkung im Vordergrund der NVP-vermittelten Hepatokanzerogenese steht. Das molekulare Schlüsselereignis, welches die Hepatozytenproliferation auslöst, bleibt zu klären.