Der Übergang vom Cembalo zum Hammerklavier

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Die Erfindung des Hammerklaviers durch Bartolomeo Cristofori am Ende des 17. Jahrhunderts hatte zu diesem Zeitpunkt ungeahnte Folgen. Die Idee, Saiten nicht wie bei den Kielklavieren anzureißen, sondern durch Hämmer anzuschlagen, eröffnete ganz neue, auf einem Tasteninstrument bisher unbekannte, musikalische Möglichkeiten. Aber der Weg von den ersten spielbaren Instrumenten bis hin zur flächendeckenden Verbreitung der verschiedenen Formen des Hammerklaviers in ganz Europa ist gekennzeichnet von unzähligen (und des Öfteren auch vermeintlichen) Verbesserungen und Erfindungen zur Erweiterung der klanglichen Möglichkeiten, die teilweise abgelegt und wieder aufgegriffen, an anderer Stelle kopiert und als neu angepriesen wurde und findet im Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation statt. Es handelt sich um einen kontinuierlichen Prozess, der sich von der Erfindung Bartolomeo Cristoforis bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts über mehr als 100 Jahre erstreckt. Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Übergang von den Kielklavieren (Cembalo, Spinett, Virginal) und des Clavichords zu den Hammerklavieren (Hammerflügel und Tafelklavier). Im ersten Teil dieser Arbeit wird vornehmlich auf das frühe Hammerklavier und die besaiteten Tasteninstrumente des 18. Jahrhunderts eingegangen. Es erscheint sinnvoll, sich zunächst einführend mit den Instrumentenbezeichnungen des 18. Jahrhunderts zu beschäftigen. Angesichts der Ambivalenz und Unschärfe des Clavierbegriffs sollen zunächst dessen verschiedene Bedeutungen herausgearbeitet werden, um im Anschluss eine zeitliche Entwicklung zu skizzieren. Anschließend wird von der Überlieferung der Urheberschaft des Hammerklaviers zu sprechen sein. Angesichts der Fülle von Erfindungen und Verbesserungen im Bereich der besaiteten Tasteninstrumente erscheint es ebenfalls angemessen, den vielen anderen Entwicklungen im Bereich der Tasteninstrumente ebenfalls Beachtung zu schenken. Im zweiten Teil soll der Versuch angestellt werden, die Verbreitung des Hammerklaviers anhand der genannten Instrumente auf den Titeln von Notendrucken nachzuvollziehen. Auch die sprachliche Dimension, das heißt die verschiedenen Varianten und Schreibweisen der Bezeichnung des Hammerklaviers sowie deren regionale Ausprägungen, werden in diesem Zusammenhang ebenfalls behandelt. Es lassen sich in der Klaviermusik des 18. und am Anfang des 19. Jahrhunderts Kompositionen „für Clavier“, „für Clavier oder Pianoforte“ und „für Pianoforte“ auffinden. Es wird die These aufgestellt, dass sich der Übergang vom Kielklavier zum Hammerklavier anhand der Verwendung dieser Instrumentenbezeichnungen ablesen lässt. Der Zeitraum, in dem sich die Doppelbezeichnung „für Clavier oder Pianoforte“ zeigt, markiert ebenfalls die Zeit, in der beide Instrumente im Musikleben koexistierten. Das zunehmende Aufkommen der Bezeichnung „für Pianoforte“ hingegen markiert die Ablösung des Cembalos. Für diese Untersuchung wurden knapp 20000 datierte Notendrucke ausgewertet, welche ein Tasteninstrument (die Orgel ausgenommen) im Titel nennen. Die grafische Darstellung zeigt, dass die Anzahl der Titel mit Doppelbezeichnung einen sprunghaften Anstieg ab 1770 erfahren. Zeitweise liegt der Anteil dieser Titel mitunter bei über 50% der Musikalien in einem Jahr insgesamt. Davor fand fast ausschließlich die Titelfassung 'für Clavier' Verwendung. Im weiteren zeitlichen Verlauf bleibt der Anteil von Titeln mit Doppelbezeichnung in etwa gleich, während die Nennungen nur 'für Clavier' abnehmen, aber dafür die Zahl der Titel, die nur noch das Pianoforte anführen, zunimmt. Ab Mitte der 1790er Jahre steigt die Zahl der Titel für Pianoforte stark bis auf über 50%, ab 1803 auf 70-80% der insgesamt aufgenommenen Titel pro Jahr, bis fast ausschließlich nur noch die Nennungen dieser Kategorie zu verzeichnen sind. Es ist ein langsam verlaufender, fließender Übergang zu beobachten, der keinesfalls in ganz Zentraleuropa ganz gleichmäßig verläuft. Diese Auswertung verschafft in einem großen Rahmen die Darstellung des Verlaufs, in dem sich punktuelle Ereignisse einbetten lassen. Besonders die beiden Wendepunkte, die ausgemacht werden konnten, decken sich mit bekannten Quellen. Wichtig einerseits ist der sprunghafte Anstieg bei der Verwendung der Doppelbezeichnung in den 1770er Jahren und danach die in den späten 1790er Jahren wachsende Tendenz, auf den Titeln nur noch das Hammerklavier zu nennen. Es handelt sich aber dennoch um einen makroskopischen Überblick, durch den viele Details unbeachtet bleiben müssen.

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