Please use this identifier to cite or link to this item: http://doi.org/10.25358/openscience-4807
Authors: Kern, Oliver
Title: Der Übergang vom Cembalo zum Hammerklavier
Online publication date: 2-Apr-2019
Year of first publication: 2019
Language: german
Abstract: Die Erfindung des Hammerklaviers durch Bartolomeo Cristofori am Ende des 17. Jahrhunderts hatte zu diesem Zeitpunkt ungeahnte Folgen. Die Idee, Saiten nicht wie bei den Kielklavieren anzureißen, sondern durch Hämmer anzuschlagen, eröffnete ganz neue, auf einem Tasteninstrument bisher unbekannte, musikalische Möglichkeiten. Aber der Weg von den ersten spielbaren Instrumenten bis hin zur flächendeckenden Verbreitung der verschiedenen Formen des Hammerklaviers in ganz Europa ist gekennzeichnet von unzähligen (und des Öfteren auch vermeintlichen) Verbesserungen und Erfindungen zur Erweiterung der klanglichen Möglichkeiten, die teilweise abgelegt und wieder aufgegriffen, an anderer Stelle kopiert und als neu angepriesen wurde und findet im Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation statt. Es handelt sich um einen kontinuierlichen Prozess, der sich von der Erfindung Bartolomeo Cristoforis bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts über mehr als 100 Jahre erstreckt. Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Übergang von den Kielklavieren (Cembalo, Spinett, Virginal) und des Clavichords zu den Hammerklavieren (Hammerflügel und Tafelklavier). Im ersten Teil dieser Arbeit wird vornehmlich auf das frühe Hammerklavier und die besaiteten Tasteninstrumente des 18. Jahrhunderts eingegangen. Es erscheint sinnvoll, sich zunächst einführend mit den Instrumentenbezeichnungen des 18. Jahrhunderts zu beschäftigen. Angesichts der Ambivalenz und Unschärfe des Clavierbegriffs sollen zunächst dessen verschiedene Bedeutungen herausgearbeitet werden, um im Anschluss eine zeitliche Entwicklung zu skizzieren. Anschließend wird von der Überlieferung der Urheberschaft des Hammerklaviers zu sprechen sein. Angesichts der Fülle von Erfindungen und Verbesserungen im Bereich der besaiteten Tasteninstrumente erscheint es ebenfalls angemessen, den vielen anderen Entwicklungen im Bereich der Tasteninstrumente ebenfalls Beachtung zu schenken. Im zweiten Teil soll der Versuch angestellt werden, die Verbreitung des Hammerklaviers anhand der genannten Instrumente auf den Titeln von Notendrucken nachzuvollziehen. Auch die sprachliche Dimension, das heißt die verschiedenen Varianten und Schreibweisen der Bezeichnung des Hammerklaviers sowie deren regionale Ausprägungen, werden in diesem Zusammenhang ebenfalls behandelt. Es lassen sich in der Klaviermusik des 18. und am Anfang des 19. Jahrhunderts Kompositionen „für Clavier“, „für Clavier oder Pianoforte“ und „für Pianoforte“ auffinden. Es wird die These aufgestellt, dass sich der Übergang vom Kielklavier zum Hammerklavier anhand der Verwendung dieser Instrumentenbezeichnungen ablesen lässt. Der Zeitraum, in dem sich die Doppelbezeichnung „für Clavier oder Pianoforte“ zeigt, markiert ebenfalls die Zeit, in der beide Instrumente im Musikleben koexistierten. Das zunehmende Aufkommen der Bezeichnung „für Pianoforte“ hingegen markiert die Ablösung des Cembalos. Für diese Untersuchung wurden knapp 20000 datierte Notendrucke ausgewertet, welche ein Tasteninstrument (die Orgel ausgenommen) im Titel nennen. Die grafische Darstellung zeigt, dass die Anzahl der Titel mit Doppelbezeichnung einen sprunghaften Anstieg ab 1770 erfahren. Zeitweise liegt der Anteil dieser Titel mitunter bei über 50% der Musikalien in einem Jahr insgesamt. Davor fand fast ausschließlich die Titelfassung 'für Clavier' Verwendung. Im weiteren zeitlichen Verlauf bleibt der Anteil von Titeln mit Doppelbezeichnung in etwa gleich, während die Nennungen nur 'für Clavier' abnehmen, aber dafür die Zahl der Titel, die nur noch das Pianoforte anführen, zunimmt. Ab Mitte der 1790er Jahre steigt die Zahl der Titel für Pianoforte stark bis auf über 50%, ab 1803 auf 70-80% der insgesamt aufgenommenen Titel pro Jahr, bis fast ausschließlich nur noch die Nennungen dieser Kategorie zu verzeichnen sind. Es ist ein langsam verlaufender, fließender Übergang zu beobachten, der keinesfalls in ganz Zentraleuropa ganz gleichmäßig verläuft. Diese Auswertung verschafft in einem großen Rahmen die Darstellung des Verlaufs, in dem sich punktuelle Ereignisse einbetten lassen. Besonders die beiden Wendepunkte, die ausgemacht werden konnten, decken sich mit bekannten Quellen. Wichtig einerseits ist der sprunghafte Anstieg bei der Verwendung der Doppelbezeichnung in den 1770er Jahren und danach die in den späten 1790er Jahren wachsende Tendenz, auf den Titeln nur noch das Hammerklavier zu nennen. Es handelt sich aber dennoch um einen makroskopischen Überblick, durch den viele Details unbeachtet bleiben müssen.
The invention of the pianoforte by Bartholomeo Cristofori at the end of the 17th century had unknown consequences at this point. The idea to strike strings with hammers instead of plucking them paved the way for new ways of musical expression. But the path from the first playable prototypes to the spreading of the Hammerklavier in its distinct forms in central europe is paved with countless (often alleged) improvements and inventions to improve musical expression, which were discarded and taken up again, copied and praised as a new invention and takes place within the interplay of tradition and innovation. It is an ongoing process spanning from the invention of Bartholomeo Cristofori to the beginning of the 19th century over more than a hundred years. This study concentrates on the transition of the Kielklavier (harpsichord, spinetto and virginal) an the clavichord to the pianoforte. The first part concerns itself with the early pianoforte and the stringed keyboard instruments of the 18th century, although it makes sense to take a closer look at the terminology used in the 18th century regarding keyborad instruments first. In light of the ambivalence of the german term ‚Clavier‘ the different meanings are made out to scetch a development over time. After this, the discourse about who invented the pianoforte first is discussed. Lastly, it seems appropriate to shed light on the plethora of inventions and improvements regarding keyboard instruments of that period. In the second part the author tries to retrace the spreading of the pianoforte by examining the mentioned instruments in the titles of printed music. The title wordings of keyboard music of the 18th and early 19th century the music calls either „for clavier“, „for clavier or pianoforte“ or just „for pianoforte“. The proposition is made that the transition from harpsichord to pianoforte can be outlined by the usage of these wording choices. The time period in which music is mostly published „for clavier or pianoforte“ marks the time when both instrument types coexisted and were used equally. The advent of the phrase „for pianoforte“ marks the repression of the harpsichord. For this study almost 20000 titles of dated music prints which call for a keyboard instrument (except the organ) were analysed. The resulting graph shows that the usage of the phrase „for clavier or pianoforte“ increases greatly in the 1770s. In some years of 50% of titles used this wording. Before then, „for clavier“ was used almost exclusively. As things developed further, the amount of titles „for clavier or pianoforte“ stayed roughly the same, whereas titles „for clavier“ declined in favour of „for pianoforte“. In the mid-1790s the amount of keyboard music „for pianoforte“ is roughly at 50%, as of 1803 about 70-80% of all printed keyboard music per year, until „for pianoforte“ is used almost exclusively. It is a long, flowing transition, which does not develop equally across central europe. Especially the two turning points align with known sources: on the one hand the increase of the wording „for clavier or pianoforte“ in the mid-1770s and on the other the growing tendency, to call only for the pianoforte in the late 1790s. This study delivers the frame in which selective events can be located, although it is a macroscopic overview in which many details had to be neglected.
DDC: 780 Musik
780 Music
Institution: Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Department: FB 07 Geschichts- u. Kulturwissensch.
Place: Mainz
ROR: https://ror.org/023b0x485
DOI: http://doi.org/10.25358/openscience-4807
URN: urn:nbn:de:hebis:77-diss-1000027123
Version: Original work
Publication type: Dissertation
License: In Copyright
Information on rights of use: https://rightsstatements.org/vocab/InC/1.0/
Extent: 174 Seiten
Appears in collections:JGU-Publikationen

Files in This Item:
  File Description SizeFormat
Thumbnail
100002712.pdf17.4 MBAdobe PDFView/Open