Epigenetische Einflüsse auf die Geschlechtsdetermination von Chironomus thummi und Chironomus piger sowie funktionelle Analyse von Genen aus der geschlechtsbestimmenden Region
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Das Geschlecht von Chironomus wird über einen dominanten männchenbestimmenden Faktor M determiniert. Die geschlechtsbestimmende Region, welche den Faktor M enthalten sollte, konnte in C. thummi und C. piger auf Chromosom 3 Arm F lokalisiert werden. In C. thummi ist der Faktor M eng mit einem Cluster tandem-repetitiver Elemente (Cla-Elemente) assoziiert. Da es sich hier um ein frühes Stadium der Evolution von ehemals homomorphen zu heteromorphen Geschlechtschromosomen handelt, wird das Chromosom, das den Faktor M trägt, auch als Proto-Y-Chromosom bezeichnet.
In der vorliegenden Arbeit wurde zunächst analysiert, ob die Arten C. thummi und C. piger DNA- und bzw. oder Histon-Methylierungen aufweisen. Dabei konnte gezeigt werden, dass DNA-Methylierungen zumindest in basalen Mengen in beiden Arten vorkommen. Weiterhin wurden die Genome auf das Vorhandensein entsprechender DNA-Methyltransferasen (DNMT) geprüft. Hier konnte gezeigt werden, dass Chironomus ein transkribiertes dnmt2-Homolog besitzt. Sequenzhomologe zu den Methyltransferasen DNMT1 und DNMT3, welche üblicherweise für die Etablierung sowie für den Erhalt funktionaler DNA-Methylierung zuständig sind, konnten jedoch nicht nachgewiesen werden. Diese Befunde decken sich mit Erkenntnissen aus der Literatur, wonach auch die Genome anderer Dipterenarten zumindest in geringem Maße methyliert sind. Die dabei untersuchten Arten besitzen ebenfalls lediglich ein dnmt2-Homolog. Eventuelle geschlechtsgekoppelte DNA-Methylierungsmuster konnten vorliegend ebenso wenig nachgewiesen werden wie das Vorhandensein von Histon-Methylierungen in Form von H3K9. Es gibt demnach keine Hinweise darauf, dass epigenetische Einflüsse bei der Geschlechtsdetermination von Chironomus eine Rolle spielen.
Gene aus der SDR, die als Kandidatengene für M in Frage kommen, wie die Gene fs1(K10)-like und luc7(p)-like, sollten mit Hilfe von RNA-Interferenz funktionell analysiert werden. Dazu konnten zunächst die beiden Gene hunchback und orthodenticle/ocelliless erfolgreich als Positivkontrollen für die RNAi-
Versuchsreihen verwendet werden. Die Injektionen von dsRNA gegen fs1(K10)-like oder luc7(p)-like hatten jedoch keine phänotypisch erkennbaren Veränderungen bei den behandelten Chironomiden zur Folge.
Weiterhin sollte die Sequenz des bestehenden Proto-Y-Chromosoms der SDR von C. thummi erweitert werden. Hierzu wurden zunächst C. thummi-Männchen mit C. piger-Weibchen verkreuzt. Das Genom eines Individuums aus diesem Kreuzungsstamm konnte mittels Hochdurchsatz-Technologien sequenziert werden. Die daraus erhaltenen Sequenzinformationen konnten nur teilweise dazu verwendet werden, den bestehenden Proto-Y-Contig zu erweitern. So war eine Verlängerung in distaler Richtung (Richtung Telomer) nicht möglich. Grund hierfür sind „geclustert“ vorliegende Cla-Elemente, die über eine Länge von ca. 20 kb in der Y-Chromosomen-spezifischen SDR von C. thummi auftreten. In Richtung des Zentromers konnte der Proto-Y-Chromosomen-spezifische SDR-Contig hingegen um ca. 3,5 kb verlängert werden. Der dadurch neu erhaltene Sequenzabschnitt enthält eine Y-Variante des Gens wd74-like sowie das 3‘-Ende des Gens luc7(p)-like. Es konnten jedoch bisher keine signifikanten geschlechtsspezifischen Unterschiede in dem neuen Sequenzabschnitt gefunden werden.