Please use this identifier to cite or link to this item: http://doi.org/10.25358/openscience-4055
Authors: Preiss, Laura
Title: Chirale Nanopartikel und ihre Anwendung in Kristallisationsprozessen
Online publication date: 17-Jun-2016
Year of first publication: 2016
Language: german
Abstract: Die Chiralität spielt seit Jahren nicht nur in der Chemie eine große Rolle. Im Jahre 1811 wurde die Chiralität und damit die optische Aktivität von François Arago entdeckt. Er beobachtete den Durchgang der Farben im Sonnenlicht entlang einer optischen Achse im Quarzkristall, der sich in einem gekreuzten Polarisator befand. Darauffolgende Experimente von Jean-Baptiste Biot zeigten, dass die Farben durch die Rotation der Polarisationsebene von linear polarisiertem Licht zustande kamen. Er stellte fest, dass einige Quarzkristalle die Schwingungsebene von linear polarisiertem Licht nach rechts und andere diese nach links drehen. Ebenso entdeckte er auch die optische Aktivität der Weinsäure, des Camphers und der Saccharose. Nach seiner Entdeckung von zirkular polarisiertem Licht im Jahre 1824 konnte Fresnel die optische Aktivität auf verschiedenen Brechungsindices für rechts- und linkszirkular polarisiertes Licht zurückführen, welche wiederum in linear polarisiertes Licht zerlegt werden können. Dies führte ihn zur Annahme, dass die optische Aktivität aus einer schraubenförmigen Anordnung der Moleküle im Medium resultiert und diese inverse Eigenschaften besitzt. Die vorangegangenen Arbeiten über die optische Aktivität führten Pasteur 1848 zur Trennung von Kristallen des Natriumammoniumtartrats. Er fand heraus, dass zwei Arten von Kristallen im Salz der Weinsäure vorlagen. Er trennte beide Arten unter dem Mikroskop und stellte fest, dass sie sich wie Bild und Spiegelbild verhielten. Es wurde somit auch die erste Enantiomerentrennung durchgeführt. Beim Lösen in Wasser erkannte er, dass die spiegelbildlichen Kristalle die Ebene von linear polarisierten Lichts um den gleichen Betrag, aber in entgegengesetzte Richtung drehten. Vermischte er die beiden Kristalle, war die Lösung optisch inaktiv, eine sogenannte racemische Verbindung. Erst ein halbes Jahrhundert nach Pasteurs ersten Erkenntnissen, nachdem Duschinsky seine Arbeit über die Effizienz der Separation von Histidinmonohydrochlorid veröffentlichte, begann die Separation von Enantiomeren, das Interesse der Industrie zu wecken.Von immer größer werdender Bedeutung sind Verfahren mit denen man enantiomerenreine Verbindungen erhalten kann. Es bieten sich mehrere Möglichkeiten. Auf der einen Seite können die Verbindungen direkt, in so genannten enantioselektiven Synthesen hergestellt werden, während sie auf der anderen Seite durch Racematspaltung, wie chromatographischen Methoden, Kristallisation und enzymatische Trennung, erhalten werden können.[7] Zur selektiven Synthesen gehört neben der Fermentation und Benutzung chiraler Auxiliaren auch die asymmetrische Katalyse. Fermentationsmethoden machen Gebrauch vom natürlichen Stoffwechsel der Mikroorganismen, um optisch reine Aminosäuren im großen Maßstab erzustellen. Ein Beispiel hierfür wäre die Produktion von L-Lysin durch Fermentation der Zell-Linien des Corynebacterium glutamicum. Ein übliches Verfahren in der Verwendung von chiralen Auxiliaren ist die Umwandlung von Enantiomeren in Diastereomere, um sich die unterschiedliche Reaktivität zu Nutze zu machen. Chirale Auxiliare bilden Addukte mit dem Ausgangstoff, welches die ungewünschte Seite der Trajektorie physikalisch blockiert. Ist das chirale Auxiliar enantiomerenrein, verläuft die Reaktion nicht äquivalent und die Reaktion kann zu unterschiedlichen Produkten führen. Um dies anzuwenden bedarf es einen Reaktionsschritt um das chirale Auxiliar beizufügen und einen um es zu entfernen, was die Ausbeute mindert und die Kosten steigert. Die Anwendung der asymmetrischen Katalyse zur Erhaltung enantiomerenreiner Verbindungen erfordert kleine Mengen chiraler Katalysatoren, welche die Reaktionen in eine gewünschte Richtung fördern und zu einer Bildung enantiomerenreiner Produkte führen. Die herausragende Wichtigkeit der Trennung eines Racemats zeigt sich vor allem in der Pharmazie. Die Enantiomere besitzen unterschiedliche pharmakologische Eigenschaften. Auch wenn ein Enantiomer toxisch ist, kann das andere heilende Wirkung haben. Trotz vieler Methoden, um racemische Gemische in die reinen Enantiomere aufzulösen, werden heute Methoden gesucht, die kostengünstiger sind, und auch existierende Methoden, die weiterentwickelt werden müssen. Eine wichtige, schon bestehende Praxis ist die sogenannte „bevorzugte Kristallisation“ (im engl. „preferential crystallization“), in der ein Enantiomer im Überschuss angereichert wird, welches dann kristallisiert. Eine Bedingung hierfür ist es, dass die racemische Verbindung als Konglomerat, welche sich durch enantiomerenreine Kristalle der jeweiligen gleichen Molekül-Konfiguration im gleichen Verhältnis auszeichnen, kristallisiert. Nur 5 bis 10% aller racemischen Verbindungen können in dieser Form kristallisieren. Nicht nur Racemattrennungen sind durch Kristallisationstechniken verfügbar, sondern auch Reinigungsschritte für nicht-racemische Verbindungen, die durch selektive Synthese oder Chromatographie erhalten wurden. Verglichen mit der asymmetrischen Synthese oder Chromatographie wird die Kristallisation oft als „unzeitgemäß“ angesehen. Schaut man sich jedoch die Herstellungsverfahren vieler enantiomerenreiner Medikamente an, stellt man sehr schnell fest, dass viele heutzutage noch über die klassische Kristallisation hergestellt werden. Im Prinzip ist Pasteurs Technik des Trennens von Kristallen der Enantiomere noch heute eine angewandte Technik, um racemische Verbindungen, die in Form von Konglomeraten kristallisieren, zu trennen. Beispiele für chirale Medikamente die heutzutage industriell über bevorzugte Kristallisation hergestellt werden, sind Breitbandantibiotika wie Chloramphenicol und Lactame. Die ersten Additive, die in der bevorzugten Kristallisation eingesetzt wurden, waren maßgeschneiderte Verbindungen („tailor-made additives“) von Lahav und Leiserowitz. Einen sehr wichtigen Beitrag zur bevorzugten Kristallisation hat Seidel-Morgensterns Forschungsgruppe geliefert, die sich mit mehreren Konglomerat-Systemen beschäftigt und erfolgreich getrennt hat. Mit der Trennung von rac-Threonin mit Verunreinigungen von L-Threonin beschäftigte sich die Gruppe von Matsuoka. Auch Methionin konnte über bevorzugte Kristallisation getrennt werden. Die Trennung von rac-Alanin durch funktionalisiertes Graphenoxid wurde von der Gruppe um Yang untersucht. Diese setzten auch zum ersten Mal chirale Hybridpartikel aus Polyacetylen und Silica in der enantioselektiven Kristallisation ein. Unsere Kooperationspartner aus Israel, die Gruppe Mastai, zeigten erste Erfolge mit chiralen Mikropartikeln als Additive für die bevorzugte Kristallisation. Die Mikropartikel zeichnen sich durch eine relativ kleine Oberfläche und eine Chiralität ihrer Oberfläche aus. Die vielversprechenden neuen Resultate mit chiralen Mikropartikeln waren die Motivation, die Oberfläche von Partikel noch weiter zu erhöhen und die Erkenntnisse in den Nanometerbereich auszuweiten. Die Chiralität von Nanopartikeln ist ein neues spannendes Gebiet, welches physikalische und chemische Oberflächenforschung vereint. Das Ziel dieser Arbeit war es somit, chirale Nanopartikel, basierend auf Aminosäuren herzustellen und diese in der enantioselektiven Kristallisation einzusetzen. Zum einen wurden über eine Schotten-Baumann-Reaktion hergestellte chirale Monomere in der Miniemulsionspolymerisation eingesetzt und somit chirale Nanopartikel erhalten. Zum anderen wurden chiral funktionalisierte Partikel auf der Basis von drei unterschiedlichen chiralen Tensiden hergestellt, wobei ein Tensid polymerisierbare Eigenschaften besitzt und somit kovalent an den Partikel gebunden werden konnte. Mit allen Partikeln wurde der Einfluss in der enantioselektiven Kristallisation von rac-Asparagin getestet. Des Weiteren wurden chirale Nanopartikel auf der Grundlage von Peptiden synthetisiert und diese in der Mineralisation von Calciumcarbonat eingesetzt.
DDC: 540 Chemie
540 Chemistry and allied sciences
Institution: Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Department: MaxPlanck GraduateCenter
Place: Mainz
ROR: https://ror.org/023b0x485
DOI: http://doi.org/10.25358/openscience-4055
URN: urn:nbn:de:hebis:77-diss-1000005270
Version: Original work
Publication type: Dissertation
License: In Copyright
Information on rights of use: https://rightsstatements.org/vocab/InC/1.0/
Extent: 143 Seiten
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