Levels of social embodiment - towards a unifying perspective on social cognition
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Diese Arbeitet konzentriert sich auf das Phänomen ‚soziale Kognition’ und dessen theoretische Implikationen. Derzeit scheint es zwei verschiedene Intuitionen zu geben, wenn man sich das Forschungsfeld um soziale Kognition genauer ansieht. Die eine Seite behauptet, dass zwischenmenschliches Verstehen ohne großen Aufwand geschieht, dass wir ‚direkt’ wahrnehmen, was andere Menschen vorhaben, wie sie sich fühlen, und welche Intentionen ihren Handlungen unterliegen. Auf der anderen Seite steht die Überzeugung, dass die mentalen Zustände des anderen nur über einen Inferenzprozess zugänglich sind, da sie sich nicht eindeutig im Verhalten widerspiegeln. Hinter diesen Intuitionen stehen unterschiedliche Annahmen über die metaphysische Natur des Geistes. Der sogenannte Enaktivismus – welcher die erste Intuition der direkten Wahrnehmung teilt – nimmt an, dass sich der Geist in der Interaktion zwischen Umwelt und Agent manifestiert und daher weder im Innen noch im Außen verortet werden kann. Daraus ergibt sich die Überzeugung, dass soziale Kognition konstituiert von zwischenmenschlichen Interaktionen werde und eine Beschreibung des Phänomens daher nicht auf individuelle Prozesse reduzierbar sei. Im Gegensatz dazu behauptet der Kognitivismus, dass der Geist ausschließlich im Gehirn zu verorten sei und dass jegliche externe Prozesse eine geringe Rolle spielen. Ähnlich stellt sich die Ansicht sozialer Kognition dar; um den anderen zu verstehen, bedarf es lediglich interner Prozesse, während Interaktionen irrelevant seien. Aus diesem derzeitigen Zwiespalt ergibt sich die zentrale Fragestellung dieser Arbeit: Welche Art von Theorie wird benötigt, um das Phänomen der sozialen Kognition zu erfassen? Auf der Suche nach einer Antwort werde ich im ersten Teil der Arbeit drei Forschungsfelder und deren theoretische Annahmen untersuchen. Zuerst betrachte ich eine Debatte, welche in der Philosophie des Geistes, aber auch der Psychologie und später der Neurowissenschaft zu verorten ist. Die sogenannte ‚Mindreading’-Debatte wird hauptsächlich vertreten von Kognitivisten und fokussiert daher Inferenzprozesse. Ich argumentiere, dass sich in dieser Debatte kein zufriedenstellendes Bild sozialer Kognition abzeichnet, da sie wichtige Komponenten des Phänomens, wie etwa die Rolle von Interaktionen, vernachlässigt. Als nächstes beschreibe und beurteile ich die Diskussion in der Phänomenologie und des Enaktivismus. Hier wird sich herausstellen, dass die vorgeschlagenen Theorien sowohl terminologisch wie auch empirisch nicht gefestigt genug sind, um als Kandidaten zu zählen. Das dritte Feld der sozialen Neurowissenschaft bietet eine Reihe interessanter Forschungsergebnisse, welche dargestellt und hinsichtlich ihrer theoretischen Aussagekraft untersucht werden. Dabei werden auch konzeptuelle und theoretische Probleme, die sich stellen, beschrieben und in Betracht gezogen.
Nach dieser Evaluation existierender Theorien fasse ich zusammen, dass keines der Forschungsfelder eine befriedigende Grundlage für eine philosophische Theorie sozialer Kognition bietet. Aufgrund dieser Kritik schlage ich vor, die fruchtbaren Elemente jeder Theorie zu kombinieren und in ein konsistentes Bild zusammenzufügen. Um dies anzugehen, werden im zweiten Teil der Arbeit zunächst zwei Theorien vorgestellt, welche als Basis für meinen eigenen Vorschlag dienen. Metzingers (2014) Theorie des „first-, second-, and third-order embodiment” (1-3E) wird in ihren Grundzügen dargestellt und hinsichtlich dreier Kritikpunkte modifiziert. 1-3E dient als Grundgerüst für meine eigene Theorie. Sie erlaubt es, phänomenale Eigenschaften mit komputationalen und physikalischen Ebenen zu verknüpfen und bietet daher einen Rahmen für die Einordnung verschiedener Prozesse eines Phänomens. Als nächstes wird die Theorie „Predictive Processing” (Hohwy, 2013; Clark, 2016) vorgestellt und evaluiert. Diese nimmt an, dass die Hauptaufgabe des Gehirns darin liege, Vorhersagen über seine eigenen Zustände zu machen und diese anschließend mit sensorischen Informationen zu vergleichen. Aus diesem Vergleich werde ein Vorhersagefehler generiert, welcher dann dazu diene, die Vorhersagen zu verbessern, bis ein kohärentes Bild über die Umwelt eines Agenten entstehe. In einem dritten Schritt wende ich die bisher vorgestellten theoretischen Modelle an und beschreibe meine Theorie des „first-, second-, and third-order social embodiment” (1-3sE). Diese Theorie baut ein hierarchisch organisiertes Grundgerüst, welches verschiedene Beschreibungsebenen besitzt und somit ermöglicht, die Vielzahl an Komponenten sozialer Kognition in einem einzigen theoretischen Rahmen zu vereinen.