Monarchenabsetzungen im frühneuzeitlichen Nordeuropa
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Abstract
Absetzungen von Monarchen waren in der Vormoderne aufgrund der Herrschaftsvorstellungen vom Gottesgnadentum, welches gerade im 16. und 17. Jahrhundert intensiv diskutiert wurde, eigentlich nicht denkbar, geschweige denn durchführbar. Monarchenabsetzungen waren nach dem Gottesgnadentum gegen den Willen Gottes, und auch in der Herrschaftspraxis waren diese weder durch das Recht noch durch ein mögliches Verfahren abgedeckt. Dennoch fanden Absetzungen statt; im 16. und 17. Jahrhundert sogar in einem Viertel aller monarchischen Herrschaften in den vier Königreichen Dänemark-Norwegen, England, Schottland und Schweden. Die vorliegende Arbeit geht der Frage nach, wie Absetzungen legitimiert und vollzogen wurden und was diese für das vormoderne Herrschaftsverständnis bedeuteten.
Dazu wurden die Elemente der Konfliktform „Absetzung“ herausgearbeitet, ein Phasenmodell erstellt, die Akteure näher untersucht, Handlungen, Legitimationen und Formen von Absetzungen in den Blick genommen und schließlich abgewägt, inwieweit Akteure auch auf nicht-kontrollierbare Dynamiken reagieren mussten. Insgesamt ließ sich dabei festhalten, dass Angehörige der herrschenden Dynastie Monarchen absetzten, die nicht mehr von der Mehrheit der Bevölkerung (aktiv) unterstützt wurden. Absetzungen waren kurz- und mittelfristige Reaktionen auf die (wahrgenommene) Politik oder das Verhalten des Monarchen, die in landesspezifischen Formen des Treueentzugs, der erzwungenen Abdankung oder der Erhebung von Gegenkönigen durchgeführt wurden. Neben bewussten Handlungen der Akteure konnten dabei unkontrollierbare Gruppendynamiken, Kommunikationsverhalten, Emotionen sowie Naturereignisse eine Rolle spielen.
Die vergleichende Untersuchung der nordeuropäischen Monarchenabsetzungen zeigte diese als Kristallisationspunkte von Staatsbildung: Absetzungen führten zum einen zur innenpolitischen Konsolidierung und wirkten staatsbildend durch Zwang zur Artikulation, Neu-Verhandlung und Präsentation von Herrschaftsvorstellungen, die als spezifisch für das Königreich angesehen wurden. Zum anderen wirkten Absetzungen staatsbildend durch die Neuordnung des politischen Zusammenlebens, z.B. mit Parlamenten als Ort der Herrschaftsaushandlung, durch die Aufwertung einer politischen Öffentlichkeit bis hin zum Mob, durch neue Gesetzgebung und konfessionelle Einigung. Weiterhin zeigte sich, dass in Konfliktsituationen Vorstellungen von Gottesgnadentum eine deutlich geringere Rolle spielten als die Idee konsensualer Herrschaft.