Cholesterol als negativer post-transkriptioneller Regulator der Selenoprotein-Expression
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Cholesterol ist eine essentielle Substanz im tierischen und menschlichen Organismus. Cholesterol wird in jeder Zelle durch den Mevalonatweg produziert und ist als Membranbestandteil für die Funktion und das Wachstum der Zellen von großer Bedeutung. Es existiert ein komplexes Netzwerk für die Regulation der Cholesterolsynthese, indem Cholesterol selbst und mehrere seiner Metabolite potente Inhibitoren der eigenen Synthese sind.
Der Mevalonatweg liefert neben Cholesterol viele Zwischenprodukte für andere essentielle Zwecke. Eines dieser Zwischenprodukte, Isopentenylpyrophsophat, wird zur Reifung der Selenocystein-tRNA und somit zur Expression der Selenoproteine benötigt. Das Fehlen dieser Modifikation resultiert in einer reduzierten Expression speziell der stressinduzierbaren Selenoproteine wie der Glutathionperoxidasen (GPx).
Die Ergebnisse in dieser Arbeit belegen einen funktionellen Zusammenhang zwischen Cholesterol- und Selenoprotein-Synthese und zeigen eine Unterdrückung der Selenoprotein-Expression durch Cholesterol und Oxysterole über einen post-transkriptionellen Mechanismus auf. Dieser Effekt ließ sich sowohl in vitro als auch in vivo beobachten.
Zwei von vier in vitro untersuchten Oxysterolen, nämlich 22-Hydroxycholesterol und 25-Hydroxycholesterol, erwiesen sich in klonalen humanen Hepatozyten und T-Zellen als potente Supressoren der Expression der Phospholipid-Hydroperoxid-Glutathionperoxidase GPx4. Mildere Effekte wurden bezüglich der Cytosolischen Glutathionperoxidase GPx1 beobachtet. Das essentielle Haushalts-Selenoprotein Thioredoxin-Reduktase 1 (TrxR1) blieb bei Behandlung mit allen vier Hydroxysterolen in beiden Zelllinien konstant.
Eine negative Kopplung zwischen Cholesterol und bestimmten Selenoproteinen konnte auch in vivo verifiziert werden. In zwei etablierten Mausmodellen der Hypercholsterolämie wurde eine deutliche Veränderung der hepatischen Selenoprotein-Expression festgestellt, wobei wiederum die GPx1 und die GPx4 von einer signifikant verringerten Expression betroffen waren. Die reduzierte Expression der beiden Glutathionperoxidasen in der Leber korrelierte mit einem erhöhten Gewebs-Cholesterol in diesen Tieren. In den Lebern von nicht-transgenen Mäusen, die aufgrund einer Fütterung mit einer Hochfett-Diät übergewichtig und prädiabetisch waren, aber keine erhöhten hepatischen Cholesterolwerte aufwiesen, konnte hingegen kein negativer Effekt auf die GPx1- und GPx4-Expression festgestellt werden. Diese Befunde deuten darauf hin, dass der negative Selenoprotein-Effekt einer Hypercholesterolämie auch in vivo als cholesterolspezifisch zu betrachten ist.
Mechanistisch ergaben Messungen der Selenoprotein-Transkription in den untersuchten Tiermodellen sowie in den Zellkultur-Experimenten keinerlei Unterschiede, so dass ein post-transkriptioneller Effekt vorgelegen haben muss. Die Möglichkeit einer Selenocystein-tRNA-Reifungsstörung durch einen Mangel an Isopentenylpyrophosphat wird als wohl plausibelster Mechanismus der beobachteten Selenoprotein-Suppression diskutiert. Der Mangel an Isopentenylpyrophosphat wäre dabei durch die negative Hemmung des Mevalonatwegs durch Cholesterol zustande gekommen.
Die in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse könnten einen Beitrag zur Erklärung der Arterioskleroseentstehung im Menschen leisten. Diese Erkrankung sowie andere mit erhöhten Cholesterolkonzentrationen assoziierte Pathologien können mechanistisch durch eine chronische Unterdrückung der Selenoprotein-Synthese mitverursacht sein.
Inwieweit diese Befunde quantitativ auf den Menschen übertragbar sind, muss in nachfolgenden Untersuchungen überprüft werden. Dennoch sprechen mehrere große epidemiologische und Interventionsstudien, die einen inversen Zusammenhang zwischen dem Plasma-Selenspiegel und dem Cholesterolspiegel gezeigt haben, klar dafür, dass auch im Menschen eine gegenseitige Regulation von Cholesterol und Selenoproteinen existiert.