Paläo- und Populationsgenetik von Jäger-Sammler-Fischern und Ackerbauern in Nordzentraleuropa und angrenzenden Regionen

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In der vorliegenden Arbeit wurden paläo- und populationsgenetische Analysen an prä-neolithischen und neolithischen Individuen aus Nordzentraleuropa und angrenzenden Regionen durchgeführt. Basierend auf den Ergebnissen der nukleären und mitochondrialen Analysen können fünf demographische Impulse formuliert werden: I. Mesolithische Jäger-Sammler-Fischer aus Nordzentral- und Nordeuropa sind genetisch identisch zu Jäger-Sammler-Fischern aus Zentraleuropa. Die Ergebnisse deuten darauf, dass nach dem letzten glazialen Maximum zunächst Zentraleuropa wiederbesiedelt wurde und zentraleuropäische Wildbeuter nachfolgend in angrenzende Regionen im Norden (Norddeutschland und Schweden) und Osten (Litauen, Lettland) expandierten. II. Mesolithische Jäger-Sammler-Fischer aus dem heutigen Nordwesten Russlands stellen dagegen eine genetisch deutlich differenzierte Population dar. Es ist somit anzunehmen, dass die Wiederbesiedlung Nordosteuropas durch Gruppen erfolgte, welche während der letzten Eiszeit ein anderes Refugium besiedelten, als die Population, welche später nach Zentraleuropa und in angrenzende Regionen expandierte. III. Paläogenetische Hinweise auf eine Migration aus dem Nordwesten Russlands sind spätestens evident in der grübchenkeramischen Jäger-Sammler-Fischer-Population des 28. Jahrhunderts v. Chr. in Skandinavien. IV. Die ersten Ackerbauern in Nordzentral- und Nordeuropa zeigen eine hohe genetische Affinität zu ackerbäuerlichen Gruppen aus Zentraleuropa. Die Neolithisierung dieser Region kann somit auf eine demische Diffusion durch südlich beheimatete Farmer zurückgeführt werden. Die Ergebnisse aus dem Fundort Grube Rosenhof LA 58 in Norddeutschland deuten aber auch an, dass es bereits in der initialen Phase des lokalen Neolithikums zu einer Adaptation der ackerbäuerlichen Subsistenzwirtschaft durch lokale Wildbeuter kam. Hohe Jäger-Sammler-Fischer-Bevölkerungsdichten und suboptimale Konditionen für Ackerbau an der baltischen Küstenregion waren vermutlich die entscheidenden Gründe für die späte Neolithisierung dieser Region rund 1500 Jahre nach der Etablierung von Ackerbau und Viehwirtschaft in Zentraleuropa. V. Im Verlauf des Spätneolithikums in Nordzentral- und Nordeuropa scheint es spätestens um 2000 v. Chr. zu einer erneuten Einwanderung gekommen zu sein. Diese Immigranten besaßen neben zentraleuropäischer neolithischer und mesolithischer Herkunft auch eine Abstammung von Individuen aus dem Nordpontikum. Weiterhin zeigen die Analysen Pigmentierungs-assoziierter Loci das hohe Vorkommen de-pigmentierter Phänotypen während des Mesolithikums in Europa, das Vorkommen bereits kurz nach dem letzten glazialen Maximum, und das Vorkommen de-pigmentierter Phänotypen in einer frühen Phase des zentraleuropäischen Neolithikums. Die nahezu komplette Fixierung der de-Pigmentierungs-assoziierten Allele in modernen Europäern ist vermutlich nur multifaktoriell zu erklären mit variierender Selektion auf die prähistorischen Populationen, welche unterschiedliche glaziale Refugien besiedelten, mit Unterschieden in der Subsistenzweise und der Expansionen von Populationen nach Zentraleuropa und in angrenzende Regionen.

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