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Authors: Rockenbach, Annette
Title: Psychoonkologisch qualifizierte Psychotherapeuten und ihre Arbeitsbedingungen - eine Untersuchung der äußeren Rahmenbedingungen ihrer Tätigkeit und der inneren Bedingungen des Arbeitens, bei Niederlassung ohne Kassensitz.
Online publication date: 10-Nov-2019
Year of first publication: 2019
Language: german
Abstract: Die psychotherapeutische Behandlung von Krebserkrankten ist, trotz nachgewiesener Public-Health-Relevanz, im ambulanten Bereich immer noch nicht ausreichend. In der psychotherapeutischen Praxis sind die äußeren Rahmenbedingungen der Arbeit von weitreichender Bedeutung, ebenso wie die inneren Bedingungen der psychoonkologisch qualifizierten (anerkannt von der Deutschen Krebsgesellschaft) Psychotherapeuten, so die Hypothese. Die Studie mittels Fragebogen untersuchte 2016 eine per Zufall zusammengestellte Stichprobe von 57 Psychotherapeuten (Teilnahmequote 57%), die ohne Kassensitz niedergelassen waren, mittels deskriptiver Statistik und Gruppenvergleich mit statistischen Tests. Es konnten viele der organisatorischen und u.a. abrechnungsbedingten Hürden in der Behandlung bestätigt werden, die in vorherigen Studien gefunden wurden, so auch Unterschiede zwischen Schwerpunktpraxen und Nicht-Schwerpunktpraxen. In der Hauptsache zeigte sich aber, dass diese Psychotherapeuten, obwohl sie ohne Kassensitz niedergelassen waren und sich dementsprechend mit vielen äußeren Schwierigkeiten auseinandersetzten mussten, ihren Krebspatienten eine stabile psychotherapeutische Behandlung, und das meist auch sehr kurzfristig, anbieten konnten. Die wichtigsten Ergebnisse, die äußeren Rahmenbedingungen der Tätigkeit der Psychotherapeuten betreffend: meist in Mittel- und Großstädten niedergelassen, arbeiteten die Hälfte der Psychotherapeuten schwerpunktmäßig mit Krebserkrankten, ein Viertel auch im Konsil- und/oder Liaisondienst; die Wartezeit auf ein Erstgespräch betrug durchschnittlich 7 Tage, auf einen Behandlungsplatz zwischen weniger als 2 Wochen (45%) und mehr als ein halbes Jahr (4%); 42% reservierten den Krebserkrankten ein Zeitkontingent; 31% hatten einen Flyer und 56% eine Website und die meisten Patienten kamen dank eigener Recherche und auf Empfehlung anderer Krebspatienten; 40% kamen während oder nach der Akutbehandlung, zu 77% in den Phasen der Erstdiagnose und bei Fortschreiten; die Hälfte wurde in Langzeittherapie behandelt und bei 13% war die Probatorik ausreichend; mehr als ein Viertel litt unter einem subsyndromalen Krankheitsbild; neben Einzeltherapie boten die meisten Psychotherapeuten Paargespräche, Familiengespräche, Entspannungsverfahren, traumatherapeutische Verfahren und psychologische Schmerztherapie an, aber Gruppentherapie nur in 12%; alle Praxen hatten eine Krisenintervention integriert; Haus- und Krankenhausbesuche waren in Schwerpunktpraxen nicht häufiger; Liquidation überwiegend via Kostenerstattung und Privatrechnung, nur vereinzelt via ASV/§116b, Selektivverträge bzw. Sonderbedarf bzw. Ermächtigung bzw. DMP Brustkrebs; fast ein Drittel hatte Verträge mit Krebszentren und Kliniken; mehr als die Hälfte der Psychotherapeuten verzichtete ganz auf Ausfallshonorar. Die wichtigsten Ergebnisse, die innere Bedingungen des Arbeitens betreffend: 90% der Psychotherapeuten fühlten sich kompetent und 100% empfanden die Tätigkeit befriedigend; 66% arbeiteten ihrer Einschätzung nach zu viel; die meisten (65%) empfanden die organisatorischen Notwendigkeiten als hinderlich und schätzten ihre Rolle als Vermittler in ihrer vernetzten Tätigkeit (70%); 47% gab an, bei schlechten Krankheitsverläufen von Patienten mit zu leiden; nur wenige (15%) scheuten den Anblick körperlich schwer kranker Krebspatienten oder fühlten sich bei unsicherer Therapieperspektive in ihrem therapeutischen Elan eingeschränkt (8%); 81% empfanden den Abschied von sterbenden Patienten schmerzlich; männliche Psychotherapeuten gaben eher an, es sei eine Herausforderung, in der psychoonkologischen Behandlung authentisch zu sein; weibliche Psychotherapeuten stimmten eher zu, in der Behandlung, beglückten sie existentielle/spirituelle Momente. In einer kurzgefassten psychoanalytischen Deutung wurde versucht, diejenigen Hinweise zu verstehen, die bedeuten könnten, dass die psychische Störungslosigkeit vieler Psychotherapeuten unter einem erheblichen Aufwand an psychischer Abwehrleistung steht. Das bei nahezu allen Psychotherapeuten bekundete hohe Maß an Arbeitszufriedenheit und das Gefühl für die eigene Kompetenz wurde dann so verstanden, dass die fortlaufende psychotherapeutische Arbeit mit Krebspatienten einen hohen Anteil an psychischem Gewinn hat. Dieser Gewinn entsteht dadurch, dass sich psychoonkologische Psychotherapeuten dem seelischen Wagnis stellen und ihren Krebspatienten angesichts existentieller Themen therapeutisch zur Verfügung stehen. Der Aufwand von Abwehrleistung und psychischem Gewinn dürften unter dem energetischen Aspekt mehr oder weniger ausgewogen sein, da von einer großen Arbeitszufriedenheit die Rede ist. Es wäre sinnvoll, dies durch weiterführende psychoanalytische Einzelfallstudien zu belegen. (Schlüsselwörter: Krebs, Krebserkrankte, psychische Komorbidität, ambulante psychotherapeutische, psychoonkologische Behandlung, Arbeitsbedingungen, Rahmen, Abwehrleistung)
DDC: 610 Medizin
610 Medical sciences
Institution: Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Department: FB 04 Medizin
Place: Mainz
ROR: https://ror.org/023b0x485
DOI: http://doi.org/10.25358/openscience-2362
URN: urn:nbn:de:hebis:77-diss-1000031477
Version: Original work
Publication type: Dissertation
License: In Copyright
Information on rights of use: https://rightsstatements.org/vocab/InC/1.0/
Extent: 147 Blätter
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