Multidimensional effects of a manipulative helminth in its social host
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Parasiten haben in Anpassung an ihre ausbeuterische Lebensweise faszinierende Ausbeutungstrategien entwickelt. Um die Übertragung von Wirt zu Wirt sicherzustellen, müssen gewisse Parasiten bestimmte Eigenschaften ihrer Wirte verändern. Beispielsweise werden Zwischenwirte häufig so verändert, dass sie Endwirten leichter zur Beute fallen. Das Phänomen der sogenannten Wirtsmanipulation ist auch in sozialen Insekten, u. a. in Ameisen, zu beobachten. Ameisen kommen weltweit vor und leben in hochkomplexen, sozialen Gemeinschaften, wodurch sie vielen, unterschiedlichen Parasiten optimale Bedingungen zum Überleben und zur Ausbreitung bieten. Dennoch besitzen auch soziale Insekten eine Reihe ausgeklügelter Verteidigungsstrategien, um sich und ihre Nestmitglieder zu schützen.
Diese Dissertation behandelt und fasst die phänotypischen Veränderungen zusammen, die in der Ameise Temnothorax nylanderi durch einen manipulativen Bandwurm ausgelöst werden. Der Bandwurm Anomotaenia brevis nutzt die Ameise als Zwischenwirt, kann sich aber nur in Vögeln sexuell fortpflanzen. Untersucht wurde wie sich das Verhalten, physiologische Eigenschaften, das Transkriptom, sowie der Lebenszyklus ändern. Neben infizierten Ameisen, sind die gleichen Aspekte auch in uninfizierten Nest- und Artgenossinnen untersucht wurden, um einen besseren Einblick über die indirekten Auswirkungen von Parasiten in sozialen Gruppen zu bekommen.
Meine Untersuchungen zeigen, dass infizierte Ameisen verstärkt inaktiv und in ihrem Fluchtverhalten beeinträchtigt sind, was sie zu einer leichten Beute für insektenfressende Vögel machen könnte (Kapitel 1 & 4). Die Infektion ist mit der Runterregulierung mehrerer Muskelgene assoziiert, wobei eine deutliche Muskelatrophie auf phänotypischer Ebene zu beobachten ist. Ebenfalls sind Gene, die mit Langlebigkeit in Zusammenhang gebracht werden, unterschiedlich exprimiert (Kapitel 3). Infizierte Arbeiterinnen werden nicht von ihren Nestgenossinnen verstoßen oder isoliert, sondern erhalten die beste Versorgung in der sozialen Gemeinschaft. Letzteres und die veränderte Expression potentieller Langlebigkeitsgene könnten die außergewöhnlich lange Lebensdauer von infizierten Arbeiterinnen erklären (Kapitel 1 & 5). Obwohl infizierte Ameisen sehr wahrscheinlich die ältesten Arbeiterinnen im Nest darstellen, zeigen sie auf physiologischer Ebene eine hohe Ähnlichkeit zu jungen Brutpflegerinnen: beide sind korpulent und fertil, haben einen ähnlichen Metabolismus und ähnliche chemische Erkennungsprofile (Kapitel 2; 4 & 5). Während infizierte Arbeiterinnen vom sozialen Engagement ihrer Schwestern scheinbar profitieren, haben letztere ein stark verkürztes Überleben (Kapitel 1 & 5). Zudem sind gesunde Nestgenossinen gegenüber Eindringlingen weniger aggressiv, was darauf hindeutet, dass parasitierte Kolonien in ihrer Verteidigung geschwächt sind (Kapitel 1).
Diese Arbeit deckt auf, dass der Bandwurm A. brevis das Verhaltensrepertoire seiner Wirtsameise reduziert und die Lebensdauer verlängert. Da das Überleben des Parasiten und dessen Übertragung zum Endwirt unweigerlich vom Überleben und Verhalten des Zwischenwirts, also der Ameise, abhängt, könnten einige Veränderungen adaptiv für den Parasiten sein. Zukünftige Studien sollten nun den kausalen Beweis liefern, dass der Parasit einen direkten Einfluss auf den Phänotypen der Ameise nimmt. Vorläufige Ergebnisse einer proteomischen Untersuchung zeigen, dass eine Vielzahl an parasitischen Proteinen in der Hämolymphe der Wirtsameise zirkulieren, und sehr wahrscheinlich am Manipulationsprozess beteiligt sind.