Molekulargenetische und zellbiologische Charakterisierung primärer Fibroblasten einer Patientin mit konstitutiver BRCA1-Epimutation und multiplen Neoplasien im isogenen Zwillingsvergleich

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BRCA1 (BReast CAncer 1, early-onset) ist ein Tumorsuppressorgen und kodiert für ein multifunktionelles Protein, das an der Erhaltung der genomischen Integrität beteiligt ist. BRCA1-Keimbahnmutationen sind mit einer erblichen Form von Brust- und Eierstockkrebs sowie mit erhöhtem Risiko für eine Vielzahl weiterer Tumorentitäten assoziiert. Konstitutionelle Epimutationen des BRCA1-Gens werden analog zu Sequenzmutationen als „Erster Hit“ im Sinne der Knudson-Hypothese und als krebsdisponierender Faktor diskutiert. Unter Berücksichtigung neuster wissenschaftlicher Erkenntnisse, die eine entscheidende Rolle der stromalen Mikroumgebung für die Krebs-Disposition, -Initiation und Progression belegen, wurden im Rahmen dieser Arbeit die biologischen Konsequenzen einer BRCA1-Haploinsuffizienz in nicht-neoplastischen Zellen mesenchymalen Ursprungs untersucht. Hierfür wurden primäre dermale Fibroblasten (BRCA1mosMe) einer Patientin mit lebenszeitlich früh aufgetretenen Neoplasien sowie einer konstitutionellen BRCA1-Epimutation auf transkriptioneller und zellbiologischer Ebene charakterisiert und mit isogenen Kontrollfibroblasten (BRCA1wt) der gesunden monozygoten Zwillingsschwester verglichen. Eine Microarray-basierte komparative Expressionsanalyse identifizierte 285 zwischen BRCA1mosMe und BRCA1wt Fibroblasten differenziell exprimierte Gene. Überrepräsentiert waren vor allem Gene, die für extrazelluläre Strukturproteine (z.B. COL11A1, COL5A1, FLG, KRT19), mit der extrazellulären Matrix assoziierte Faktoren (z.B. ADAM12, LOXL2, PLOD2), sowie protumorigene Wachstumsfaktoren und Chemokine (z.B. IL6, CXCL12, CXCL6, FGF5) kodieren. Der explorative Vergleich des generierten BRCA1mosMe-Expressionsprofils mit bereits publizierten Expressionsdaten verschiedenster Zelltypen identifizierte eine starke Analogie zu der transkriptionellen Signatur von sogenannten CAFs (Cancer associated fibroblasts). BRCA1mosMe Fibroblasten zeigten im Vergleich zu BRCA1wt Fibroblasten veränderte zellbiologische Eigenschaften, unter anderem eine verstärkte Proliferation, Migration sowie eine abnorme Aktinarchitektur, die sich durch die vermehrte Existenz von Aktin-Stressfasern darstellte. Eine im Vergleich zu BRCA1wt erhöhte Konzentration des Ketonkörpers β-Hydroxybutyrat im Zellkulturüberstand der BRCA1mosMe Fibroblasten deutete auf metabolische Veränderungen zu Gunsten einer aeroben Glykolyse hin. Darüber hinaus wirkte konditioniertes Medium der BRCA1mosMe Fibroblasten in vitro deutlich stärker proliferationsfördernd auf die Epithelial- bzw. Krebszelllinien HMLE und A549 als dies für die Kontrollfibroblasten der Fall war. Die Ergebnisse zeigen, dass BRCA1mosMe sich transkriptionell, zellbiologisch und funktionell in gleicher Weise von BRCA1wt Fibroblasten unterscheiden wie tumornah entnommene CAFs von normalen Fibroblasten. CAFs sind Zellen der Tumormikroumgebung und fördern sowohl parakrin durch Sekretion tumorigener Substanzen als auch durch Modifikation der extrazellulären Matrix (EZM) deren Wachstum. Die primäre Existenz oder Ko-Evolution von angrenzenden Tumorzellen galt lange Zeit als Voraussetzung für die Genese von CAFs. Aktuelle Studien konnten jedoch zeigen, dass normale Fibroblasten in vitro in kompletter Abwesenheit von Krebszellen, CAF-typische phänotypische und funktionelle Eigenschaften annehmen können, wenn durch einen shRNA-Knockdown die Expression eines der Tumorsuppressorgene BRCA1, RB, TP53 oder PTEN reduziert wird. Die im Rahmen dieser Arbeit generierten Daten belegen, dass ein CAF-ähnlicher Zustand in nicht-tumorösen mesenchymalen Zellen vorhanden sein kann und in dem untersuchten Fall mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die konstitutionelle BRCA1-Epimutation zurückzuführen ist. Konstitutionelle Veränderungen der stromal-epithelialen Interaktionen zugunsten einer Tumor-fördernden Mikroumgebung in genetisch krebsprädisponierten Individuen können einen Aspekt des bis heute nicht vollständig aufgeklärten Pathomechanismus von BRCA1-Mutationen bei der erblichen Tumorgenese darstellen. Das Wissen um die mesenchymale Beteiligung bei der hereditären Kanzerogenese birgt das Potenzial, gezielte chemopräventive Maßnahmen zu entwickeln, die durch Regulation der abnormen stromalen Konstitution in Individuen mit BRCA1-Mutationen die Initiation der Krebserkrankung verzögern oder verhindern können.

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