Optimistisches vs. pessimistisches Framing bei der Übermittlung einer Prognose an Eltern sehr unreifer Frühgeborener – Die randomisierte klinische COPE-Studie
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Abstract
Hintergrund
Auf der Neugeborenen-Intensivstation herrscht Unklarheit darüber, welche Art der Rahmung einer einschränkenden Prognose Eltern Frühgeborener mit einer schweren Komplikation bevorzugen.
Zielsetzung
Untersuchung der elterlichen Präferenz für optimistisches vs. pessimistisches Framing und der Auswirkungen unterschiedlichen Framings bei der Übermittlung prognostischer Informationen nach einer schweren Komplikation bei einem Frühgeborenen.
Studiendesign, -setting und -teilnehmer
Die COPE-Studie wurde als randomisierte klinische Crossover-Studie zwischen Juni und Oktober 2021 im Rahmen einer Online-Befragung im Schwerpunktbereich Neonatologie der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz durchgeführt. Teilnahmeberechtigt waren Eltern ehemaliger Frühgeborener mit einem Geburtsgewicht unter 1500 g, die zwischen 2009 und 2019 an der o.g. Universitätsmedizin behandelt worden waren. Die Daten wurden zwischen Oktober 2021 und August 2022 analysiert.
Interventionen
Eingebettet in einen für beide Studiengruppen identischen Online-Fragebogen, wurden den teilnehmenden Eltern nacheinander zwei Videovignetten, in den beiden Studiengruppen dabei in unterschiedlicher Sequenz, gezeigt. In den Videovignetten wurde ein standardisiertes Gespräch zwischen einer Neonatologin und Eltern, dargestellt von professionellen Schauspielern, über die Prognose eines hypothetischen Frühgeborenen mit schwerer intraventrikulärer Blutung gezeigt. Die Videovignetten unterschieden sich dabei in der Formulierung numerischer Schätzwerte für das Überleben und die Entwicklung des betroffenen Frühgeborenen als entweder Überlebenswahrscheinlichkeit und Wahrscheinlichkeit einer Nichtbeeinträchtigung bei Überleben (optimistisches Framing) oder Sterberisiko und Risiko für Beeinträchtigung bei Überleben (pessimistisches Framing).
Hauptergebnisse und Messgrößen
Das primäre Ergebnis war die Präferenzquote, d.h. das Verhältnis der Präferenz für optimistisches gegenüber pessimistischem Framing. Zu den sekundären Ergebnissen gehörten emotionale Erregung, die Wahrnehmung der Kommunikation und die Erinnerung an numerische Schätzungen.
Ergebnisse
Von 220 teilnehmenden Eltern (142 [64,5 %] Mütter; mittleres [SD] Alter: Mütter, 39,1 [5,6] Jahre; Väter, 42,7 [6,9] Jahre) bevorzugten 196 (89,1 %) das optimistische und 24 (10,1 %) das pessimistische Framing (Preference Odds, 11,0; 95 % CI, 6,28-19,10; P < .001). Die Präferenz für optimistisches Framing war ausgeprägter, wenn dieses als zweite Variante gesehen wurde (Präferenz-Odds, 5,41; 95% CI, 1,77-16,48; P = .003). Die emotionale Erregung war bei Studienbeginn in beiden Gruppen ähnlich (mittlerer Unterschied, -0,34; -1,18 bis 0,49; P = .42) und nahm nach dem ersten Video gleichermaßen zu (mittlerer Unterschied, -0,55; 95% CI, -1,79 bis 0,69; P = .39). Nach dem zweiten Video verringerte sich die Erregung, wenn das optimistische Framing auf das pessimistische Framing folgte, blieb hingegen unverändert, wenn das pessimistische Framing auf das optimistische Framing folgte (mittlere Differenz, 2,15; 95% CI, 0,91 bis 3,39; P < .001). Bei optimistischem Framing erinnerten sich die Teilnehmer genauer an numerische Schätzungen für das Überleben (Odds Ratio, 4,00; 95% CI, 1,64-9,79; P = .002), nicht aber für die Beeinträchtigung (Odds Ratio, 1,50; 95% CI, 0,85-2,63; P = .16).
Schlussfolgerung
Wenn Eltern von sehr frühgeborenen Kindern prognostische Informationen über eine schwerwiegende Komplikation erhalten, bevorzugen sie möglicherweise ein optimistisches Framing. Ein optimistisches Framing kann zu realistischeren Erwartungen in Bezug auf das Überleben, nicht aber auf die Beeinträchtigung führen.