Entwicklung und Charakterisierung der Comparative Reactivity Method zur Messung von Hydroxylradikal- und Chlorradikal-Reaktivitäten : troposphärische Oxidationschemie in drei unterschiedlich stark anthropogen beeinflussten Gebieten
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Biogen und anthropogen emittierte Spurengase prägen die Chemie der Atmosphäre und damit die Luftqualität, das Wetter und das Klima. Hauptsächlich in der Troposphäre gebildete reaktive Radikale initiieren die Oxidation eines großen Teils der emittierten Spurengase. Die dabei entstehenden Produkte können in nachfolgenden Reaktionsverläufen entweder bis zum Kohlenstoffdioxid (CO2) oxidiert oder heterogen aus der Atmosphäre entfernt werden. Unter den Radikalen dient vor allem das Hydroxylradikal (OH) als Oxidationsmittel von Spurengasen, weshalb es auch als das Reinigungsmittel der Atmosphäre bezeichnet wird. Als sogenannte gesamte OH-Reaktivität bezeichnet man die Reaktionsfrequenz von atmosphärischen Gasen mit OH. Die Kenntnis der OH Reaktivität liefert einen wichtigen Beitrag zum Verständnis grundlegender chemischer Phänomene in der Atmosphäre wie der Bildung von Ozon und sekundärem organischen Aerosol.
Zur Messung der OH-Reaktivität wurde im Rahmen der Promotionsstudie ein System, das auf der ‚Comparative Reactivity Method‘ (CRM) beruht, aufgebaut und modifiziert. Die Funktionsfähigkeit des modifizierten CRM-Systems wurde durch Labortests und durch einen Vergleich mit anderen Instrumenten zur Messung der OH-Reaktivität in einer Simulationskammer in Jülich (2015) charakterisiert. Bei der Analyse der Vergleichsmessungen konnte eine signifikante Ozoninterferenz für die CRM-Messungen identifiziert werden. Nach der Quantifizierung dieser Interferenz und Korrektur der Messdaten zeigte sich eine gute Übereinstimmung der Ergebnisse mit denen der meisten anderen Instrumente. Abgesehen von der Ozoninterferenz deuten die Ergebnisse der Vergleichsmessungen auf eine mögliche Unterschätzung der OH-Reaktivitäten in den bisherigen CRM-Messungen hin.
Atmosphärische Messungen der OH-Reaktivität wurden in drei Feldkampagnen durchgeführt. Die Messdaten in Hohenpeißenberg/Voralpenland (HOPE, 2012) und Zypern/Küstenregion (CYPHEX, 2014) zeigen die im Mittel (3,1 s-1 und 1,8 s-1) niedrigsten OH-Reaktivitäten im Vergleich zu den seit 1999 durchgeführten Messungen. Da ein Großteil der Daten unterhalb der Nachweisgrenze für die OH-Reaktivitätsmessung lag, wurde während CYPHEX die Anwendung einer weiteren Modifikation in der CRM-Messung überprüft. Mit vergleichbaren instrumentellen Bedingungen konnte die Nachweisegrenze der Messmethode von 3 s-1 auf 0,7 s-1 reduziert werden. In einer dritten Feldmesskampagne in Beijing/China (2014) wurden deutlich höhere OH-Reaktivitäten (im Mittel 22,3 s-1) bestimmt. Beim Vergleich der Messungen in HOPE, CYPHEX und Beijing konnten signifikante Unterschiede in den Einflüssen einzelner Spurengase beim Abbau von OH und der Bildung von Ozon festgestellt werden. Diese hängen vor allem von der Konzentration anthropogen emittierter OH reaktiver Substanzen ab. In HOPE und CYPHEX konnten zu den OH-Reaktivitäten simultan bestimmte OH-Konzentrationen herangezogen werden, um das Gleichgewicht zwischen Bildung und Abbau von OH in der Atmosphäre zu analysieren.
In bestimmten Regionen, beispielsweise in der marinen Grenzschicht, urbanen Küstenregionen oder Salzseen können zusätzlich zu OH signifikante Mengen an Chlorradikalen (Cl) vorliegen und die Oxidation von Spurengasen beeinflussen. Zur Quantifizierung dieses Einflusses existierte bislang jedoch keine Messmethode. Deshalb wurde im Rahmen der Promotionsarbeit ein neues Messinstrument auf Basis des grundlegenden Prinzips der CRM entworfen und zur Bestimmung der CI-Reaktivität angewandt. In der vorliegenden Dissertation wird eine erstmalige Außenluftmessung der Cl-Reaktivität präsentiert.