Molekulare Charakterisierung der Centrin-Isoformen in der Retina von Säugetieren
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Abstract
Centrine sind Mitglieder einer hoch konservierten Überfamilie von Ca2+-bindenden
Proteinen mit EF-Hand Motiven. Bislang sind vier Centrin-Isoformen bei Säugern
beschrieben worden, die in diversen Zellen in der
Regel mit Centriolen von Centrosomen
oder Centrosomen-verwandten Strukturen assoziiert sind. Im Rahmen der vorliegenden
Dissertation wurden die vier Centrin-Isoformen bezüglich der Expression in verschiedenen
Geweben untersucht. Dabei lag der Hauptfokus auf Untersuchungen der Centrine in den
Photorezeptorzellen der Retina. Analysen auf subzellulärer Ebene brachten Klarheit über die
differenzielle Lokalisation der verschiedenen Isoformen in der Retina. Mit Hilfe von
verschiedenen Methoden konnten Wechselwirkungspartner in der Retina identifiziert
werden, die eine Rolle in der visuellen Signaltransduktionskaskade spielen. Dabei könnten
Centrine einem Regelmechanismus angehören, der wichtige Translokationsprozesse dieser
Proteine regelt.
In den Photorezeptorzellen der Säugetierretina werden die vier Isoformen exprimiert,
die in den Strukturen des Cilienapparates differenziell lokalisiert sind. Dabei beschränkt
sich ihre Lokalisation entweder auf den Basalkörper (Centrin 4),
auf das Verbindungscilium
(Centrin 1) oder sie sind in beiden Strukturen zu finden (Centrin 2 und 3). In den nicht-
Photorezeptorzellen der Retina sind die Isoformen Centrin 2 und 3 zudem an den Centriolen
der Centrosomen lokalisiert. In der vorliegenden Arbeit wurde zum ersten Mal gezeigt, dass
alle Centrin-Isoformen in ein und derselben Zelle, der Photorezeptorzelle, koexprimiert
werden und dabei subzellulär kolokalisiert sind. Im Weiteren konnte die ubiquitäre
Expression von Centrin 2 und 3 in allen untersuchten Geweben an Centrosomen bestätigt
werden. Centrin 1 und 4 hingegen werden nur in Geweben mit Cilien-tragenden Zellen
exprimiert.
Die Funktion der Centrine wird nicht nur durch Bindung von Ca2+, sondern auch durch
Phosphorylierungen reguliert. Alle Sequenzen der Centrine weisen diverse mögliche
Phosphorylierungsstellen für unterschiedliche Proteinkinasen auf. Die Ergebnisse aller durchgeführten in vitro und ex vivo Phosphorylierungs „Assays“ zeigen eine licht-
abhängige
Phosphorylierung der Centrin-Isoformen in der Retina. Dabei war in der dunkel-adaptierten
Retina die Phosphorylierung vor allem von Centrin 1 und 2 erhöht. Weiterführende
Experimente mit Kinase-Inhibitoren wiesen darauf hin, dass vor allem die Proteinkinase
CKII eine bedeutende Rolle bei der Centrin-Phosphorylierung in der Retina einnimmt.
Centrine sind die ersten Cytoskelettkomponenten, deren Phosphorylierungsgrad lichtabhängig
moduliert wird. Diese Ergebnisse weisen auf einen Signalweg, der zwischen der
visuellen Signaltransduktionskaskade und der Regulation der Centrin-Aktivität vermittelt,
hin.
Bei der Suche nach Centrin-Bindungspartnern gelang mit Hilfe von Centrin 1 Blot
„Overlay Assays“ der Durchbruch. Der neuartige Ansatz zeigte, dass ausschließlich
Ca2+-aktiviertes Centrin 1 mit Proteinen aus der Retina interagierte. Nach der Identifikation
eines 37 kDa-Proteins als die β-Untereinheit des visuellen G-Proteins Transducin wurden
die Untersuchungen auf
diesen Interaktionspartner fokussiert. Die Ergebnisse der hier
durchgeführten biochemischen und biophysikalischen Protein-Protein
Interaktionsexperimente zeigen insgesamt folgendes:
⇒ Alle vier Centrine interagieren mit Transducin, wobei Centrin 3 die geringste
Affinität zu Transducin hat.
⇒ Die Assemblierung der Centrin•G-Protein-Komplexe ist strikt Ca2+-abhängig.
⇒ Die Centrine binden sowohl an das isolierte Gtβγ-Heterodimer als auch an den
heterotrimeren Gt-holo-Proteinkomplex, nicht aber an Gtα.
Die quantitativen immunoelektronenmikroskopischen Analysen zeigen im Weiteren, dass
sich die Komplexe aus Transducin und Centrin 1 bis 3 wahrscheinlich in einer Subdomäne
des Verbindungsciliums der Photorezeptorzellen ausbilden. Dabei dürfte die Ausbildung der
Komplexe an der Regulation der lichtinduzierten Translokation von Transducin zwischen
Innen- und Außensegment der Photorezeptorzellen beteiligt sein. Dieser
Translokationsmechanismus wird als ein wichtiger Bestandteil
der Langzeitadaption der
Signaltransduktionskaskade der Säugerretina diskutiert. Der neuartige Regelmechanismus
der molekularen Translokationen, in dem Centrine involviert sind, ist außergewöhnlich und
dürfte über die speziellen Photorezeptorzellen hinaus von weit reichender Bedeutung sein.