Immunologische Untersuchungen zur Bedeutung von bakteriellen Polyphosphaten bei Wirt-Pathogen-Interaktionen
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Polyphosphate sind langkettige, negativ geladene Polymere aus Orthophosphaten und ein wichtiger Bestandteil des bakteriellen Stoffwechsels. Darüber hinaus interferieren bakterielle Polyphosphate während einer Infektion mit dem angeborenen Immunsystem des Wirtes. Ziel dieser Arbeit war es, die Bedeutung bakterieller Polyphosphate für die Wirt-Pathogen-Interaktion näher zu untersuchen. Durch eine Affinitätsaufreinigung wurde der kürzlich entdeckte protonenaktivierte Chloridionen-kanal 1 (PACC1) als Bindungspartner für bakterielle Polyphosphate identifiziert. PACC1 ist ein evolutionär konserviertes Membranprotein, dessen Ionenkanal sich bei niedrigen pH-Werten öffnet und die passive Diffusion von Chloridionen entlang eines elektrochemischen Gradienten ermöglicht. Die niedrige Aktivierungsschwelle unter stark sauren Bedingungen, wie sie z. B. im Lysosom vorliegen, und die erhöhte Expression in Phagozyten deuten auf eine Beteiligung von PACC1 an der Phagozytose und damit verbundenen Immunprozessen hin. Es sollte untersucht werden, welche Rolle PACC1 in der angeborenen Immunantwort spielt und ob Polyphosphate die Aktivität von PACC1 zum Vorteil der Bakterien modulieren können.
Dazu wurden gentechnisch veränderten PACC1-/- und C57BL/6J (Wildtyp) Mäusen intraperitoneal inaktivierte Escherichia coli Bakterien injiziert, die mit einem pH-sensitiven Farbstoff gekoppelt waren. Dabei zeigten PACC1-/- Phagozyten wie Makrophagen, Monozyten und Neutrophile eine geringere Fluoreszenz des pH-sensitiven Farbstoffs, was auf eine gestörte intrazelluläre Ansäuerung hindeutet. In einem Sepsismodell mit lebenden Escherichia coli Bakterien zeigten PACC1-/- Mäuse trotz erhöhter Neutrophilenzahl eine höhere Bakterienlast. Bei einer Infektion mit Streptococcus pneumoniae wiesen PACC1-/- Mäuse einen größeren Lungenschaden auf, mehr infiltrierte Immunzellen und höhere Konzentrationen proinflammatorischer Zytokine. Zudem verloren PACC1-/- Mäuse mehr Gewicht und hatten eine geringere Überlebenswahrscheinlichkeit als Wildtyp Mäuse. Außerdem induzierten PACC1-/- dendritische Zellen den frühen T-Zell-Aktivierungsmarker CD25 in CD4+ T-Zellen weniger effektiv. In einer elektrophysiologischen Untersuchung konnte allerdings kein Effekt von Polyphosphaten auf die PACC1 Aktivität festgestellt werden. Zusammenfassend deuten diese Daten darauf hin, dass PACC1 an der bakteriellen Elimination und an Entzündungsprozessen beteiligt ist, vermutlich durch eine Beeinträchtigung der Phagozytose.
Zusätzlich sollte die Bedeutung bakterieller Polyphosphate im Kontext der Wirt-Pathogen-Interaktion auf die Darmimmunität untersucht werden. Bakterien und ihre Stoffwechselprodukte beeinflussen die intestinale Immunantwort und werden mit entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa assoziiert. Die Rolle bakterieller Polyphosphate in der Darmimmunität ist bislang nur unzureichend erforscht. Hierzu wurden keimfreie Mäuse mit Wildtyp Escherichia coli Bakterien, die Polyphosphate produzieren können, oder mit einer Polyphosphat-kinase-defizienten Mutante monokolonisiert. CD4+ T-Zellen aus der Lamina propria des Kolons von Mäusen mit Polyphosphat-produzierenden Bakterien zeigten in der ATAC-Sequenzierung eine signifikant reduzierte Chromatinzugänglichkeit der Gene Il10, Stat1 und Stat3. Diese Gene sind essentiell für die Signaltransduktion von IL-27, einem regulatorischen Zytokin der Darmimmunität, das die Expression des antiinflammatorischen IL-10 in T-Zellen induziert. Darüber hinaus blockierten Polyphosphate die IL-27-induzierte Phosphorylierung von STAT1 in T-Zellen. Makrophagen sind wichtige Produzenten von IL-27 und zeigten nach Stimulation mit langkettigen Polyphosphaten eine verminderte Stat1 Expression. STAT1 wird durch Typ-I-Interferone aktiviert und induziert seinerseits die Expression von IL-27 in Makrophagen. Zusammenfassend deuten die Daten darauf hin, dass bakterielle Polyphosphate die intestinale Immunantwort modulieren.