Quantifizierung des Gehirnalters als Biomarker der Parkinson-Krankheit
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Die Parkinson-Krankheit (PK) ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung und betrifft insbesondere Personen in einem höheren Lebensalter. Das Geschlecht gilt als ein wesentlicher Einflussfaktor, wobei Männer ein höheres Risiko aufweisen, von der PK betroffen zu sein. Da im Rahmen der Diagnostik vornehmlich klinische Beeinträchtigungen der Patienten berücksichtigt werden, erfolgt die Diagnosestellung in der Regel erst in einem fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung. Ein aktuelles Forschungsziel besteht in der Etablierung zuverlässiger Biomarker, anhand derer eine Diagnosestellung bereits in einem präklinischen Stadium der Erkrankung ermöglicht werden kann.
Die Vorhersage des Gehirnalters gilt hierbei als ein vielversprechender Ansatz, der unter Verwendung spezifischer Modelle das biologische Gehirnalter einer Person schätzt und so eine Möglichkeit zur Quantifizierung hirnmorphologischer Veränderungen beschreibt.
Im Rahmen dieser Arbeit entwickelten wir ein Modell, das anhand morphometrischer Maße T1-gewichteter Magnetresonanztomographie-Aufnahmen eine präzise Vorhersage des Gehirnalters erlaubt. Dabei wurde die höchste Leistung (R2 = 0,70) durch das Modell auf Grundlage der Kombination aus kortikaler Dicke (CT) und nicht-kortikalem Volumen (nCV) erreicht. Diese beiden Variablen wurden bereits in anderen Studien zur Vorhersage des Gehirnalters als relevant bewertet und gelten darüber hinaus als wichtige Parameter zur Erfassung des physiologischen Alterungsprozesses.
In einem nächsten Schritt konnten wir demonstrieren, dass die resultierende Differenz zwischen chronologischem Alter und vorhergesagtem Gehirnalter, das Gehirnalter-Delta, einen höheren Mittelwert (MW) bei Patienten mit PK im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen (HC) aufweist (2,95 ± 10,13 Jahre (PK) vs. 0,08 ± 6,21 Jahre (HC)), was mit den Beobachtungen der drei bisherigen Studien zu dieser Thematik übereinstimmt.
Zur Bewertung des Geschlechts als potenzieller Einflussfaktor führten wir die Analysen nicht nur für die beiden Gesamtkohorten, sondern auch jeweils nach Geschlechtern getrennt durch. Dabei wurde die beste Modellleistung sowohl in der weiblichen als auch in der männlichen Kohorte ebenfalls durch die Kombination aus CT & nCV erreicht (R2 = 0,68 (HC, weiblich); R2 = 0,74 (HC, männlich)). Die Bestimmung des Gehirnalter-Deltas erbrachte höhere MW bei weiblichen im Vergleich zu männlichen Patienten mit PK (2,82 ± 6,24 (weiblich) vs. 0,65 ± 6,84 (männlich)), was im Widerspruch zu den Ergebnissen der bisher einzigen, zu dieser Thematik durchgeführten Studie steht, sodass diesbezüglich weitere Untersuchungen erforderlich sind.
Darüber hinaus konnten wir in unserem Modell insbesondere Thalamus und Plexus choroideus als relevante Hirnregionen zur Vorhersage des Gehirnalters identifizieren. Beide Areale wurden bereits als zentrale Strukturen im Kontext der Vorhersage des Gehirnalters vorbeschrieben und werden zudem auch bezüglich der Pathophysiologie der PK als wesentliche Hirnbereiche diskutiert. Es gilt zukünftig zu evaluieren, inwiefern einer Hirnregion, die hinsichtlich der Vorhersage des Gehirnalters als relevant bewertet wird, auch eine pathophysiologische Bedeutung im Rahmen einer Erkrankung zuzuschreiben ist.
Weiterhin konnten wir eine Korrelation zwischen einem höheren Gehirnalter-Delta und einer stärkeren klinischen Beeinträchtigung von Motorik und Kognition nachweisen. Diese Ergebnisse stimmen weitgehend mit den Beobachtungen der drei bisherigen Studien zu dieser Thematik überein. Perspektivisch sollte die Vorhersage des Gehirnalters hinsichtlich einer potenziellen Funktion als Verlaufsmarker zur Bewertung des Krankheitsprogresses der PK geprüft werden.
Grundsätzlich kann sich die Vorhersage des Gehirnalters zukünftig zu einem Biomarker der PK entwickeln. Es sind jedoch noch weitere Untersuchungen notwendig, um die Relevanz des individuellen Gehirnalters bezüglich der PK, insbesondere unter Berücksichtigung weiterer Faktoren, die die Hirnintegrität beeinflussen, beurteilen zu können. Langfristig könnte dadurch die Versorgung von Patienten mit PK verbessert werden, indem nicht nur eine individuellere Therapie, sondern auch eine frühere und zuverlässigere Diagnosestellung ermöglicht würde.