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Authors: Kockläuner, Marie
Advisor: Krämer, Irene
Title: Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit durch klinisch-pharmazeutische Betreuung bei Patienten mit Demenz im Innovationsfondprojekt „DemStepCare" – eine longitudinale, cluster-randomisierte Studie
Online publication date: 29-Jun-2023
Year of first publication: 2023
Language: german
Abstract: Demenzpatienten sind überwiegend geriatrische und multimorbide Patienten, was in der Regel mit Polypharmazie einhergeht. Das Risiko für arzneimittelbezogene Probleme (AbP) und der damit einhergehenden Beeinträchtigung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) steigt mit der Zahl der angewendeten Arzneimittel. Medikationsanalysen und Medikationsmanagement sind Instrumente, die zur Verbesserung der AMTS eingesetzt werden. Der Schwerpunkt liegt bei beiden Methoden auf pharmazeutischen Interventionen, wobei die Anwendung vor allem international zunehmend in einem interdisziplinären Kontext erfolgt. In der vorliegenden Arbeit wurde der Einfluss eines umfassenden, interdisziplinären Medikationsmanagements auf die Qualität und Sicherheit der Arzneimitteltherapie in der hausarztbasierten Demenzversorgung im Rahmen der DemStepCare Studie untersucht. Die longitudinale Studie zur Versorgung von Demenzpatienten wurde clusterrandomisiert über einen Zeitraum von 39 Monaten durchgeführt. In der Interventions- und Kontrollgruppe erfolgte eine pharmazeutische Medikationsanalyse Typ 2b BAK-Leitlinie für die verordneten Arzneimittel auf Basis der von Hausarzt und Case Manager bereitgestellten Informationen in der speziell für die Studie etablierten elektronischen Fallakte. In der Interventionsgruppe wurden, im Unterschied zur Kontrollgruppe, dem behandelnden Arzt die Ergebnisse der Medikationsanalyse in Form pharmazeutischer Empfehlungen elektronisch zur Verfügung gestellt. Primäre Fragestellung der Untersuchung war, ob durch klinisch-pharmazeutische Betreuung im interdisziplinären Team der studienadaptierte Medication Appropriateness Index (MAI) von Demenzpatienten in der Interventionsgruppe im Vergleich zu einer Kontrollgruppe zu den Zeitpunkten neun bzw. elf Monate nach Einschluss (t1) und zum Zeitpunkt des individuellen Behandlungsendes (t2 = >9 Monate bis < 39 Monate) sowie innerhalb der Gruppe im Vergleich zum Zeitpunkt Studieneinschluss (t0) verbessert werden kann. Als sekundäre Fragestellungen wurde untersucht, ob die Anzahl potenziell inadäquater Medikamente (PIM) gemäß PRISCUS-Liste, FORTA-Liste und STOPP-Kriterien sowie die Unterversorgung behandlungsbedürftiger Indikationen gemäß der START-Kriterien für geriatrische Patienten ≥ 65 Jahre, die Anzahl arzneimittelbezogener Probleme (nach PCNE) und die Anzahl verordneter Arzneimittel und definierter Risikoarzneimittel durch interprofessionelles Medikationsmanagement im Behandlungsverlauf reduziert werden kann. Insgesamt wurden 198 Demenzpatienten in der Interventionsgruppe (IG) und 47 Patienten in der Kontrollgruppe 1 (KG1) eingeschlossen („intention-to-treat“-Kollektiv). In der IG nahmen 122 (61,6 %) Frauen teil; das Alter der Patienten lag im Median bei 82 Jahren. Zu Studienbeginn (Zeitpunkt Studieneinschluss) waren bei den IG-Patienten durchschnittlich 13,9 ± 7,4 Haupt- und Nebendiagnosen und 7,25 ± 3,56 Arzneimittel in der elektronischen Fallakte dokumentiert. In der KG1 nahmen 26 (55,3 %) Frauen teil; das mediane Alter lag in dieser Gruppe bei 81 Jahren. Bei den Patienten der KG1 waren zu Studienbeginn durchschnittlich 12 ± 6,3 Haupt- und Nebendiagnosen und 6,85 ± 3,14 Arzneimittel dokumentiert. Die ITT-Patientenkollektive der IG und KG1 waren somit hinsichtlich der klinischen und demographischen Charakteristika vergleichbar. In der Interventionsgruppe wurde durch eine einmalige umfassende pharmazeutische Medikationsanalyse und daraus abgeleitete pharmazeutische Empfehlungen eine signifikante Reduktion des studienadaptierten MAI-Summenscores (Summe der Punktzahl aller verordneten Arzneimittel für einen Patienten; max. 17 Punkte pro Arzneimittel) von t0 = 15,2 Punkten [95 %-KI: 13,45; 17,03] zu t1 = 7,5 Punkte [95 %-KI: 5,97; 9,02), p < 0,001 bewirkt. Der studienadaptierte MAI-Patientenscore (durchschnittlicher MAI-Score aller Arzneimittel eines Patienten) konnte im Behandlungsverlauf ebenfalls signifikant von t0 = 2,1 Punkten [95 %-KI: 1,89; 2,32] zu t1 = 0,97 Punkte [95 %-KI: 0,79; 1,16]), p < 0,001 reduziert werden. Wiederholte Medikationsanalysen verbesserten die Angemessenheit der Medikation gemessen anhand des MAI-Scores nicht signifikant. Die Anzahl von AbP wurde durch pharmazeutische Empfehlungen in der IG von t0 = 4,97 [95 %-KI: 4,47; 5,47] zu t1 = 2,39 [95 %-KI: 1,94; 2,84]), p < 0,001 signifikant reduziert. Durch Deprescribing-Empfehlungen konnte ebenfalls die Anzahl abzusetzender Risikoarzneimittel in der Interventionsgruppe im Behandlungsverlauf signifikant von t0 = 0,74 [95 %-KI: 0,6; 0,88] zu t1 = 0,51 [95 %-KI: 0,37; 0,65]), p = 0,022 reduziert werden. Hinsichtlich der PIM-Verordnungen konnte die Anzahl in der Behandlungsgruppe der Demenzpatienten ≥ 65 Jahre nach den STOPP-Kriterien von t0 = 1,7 [95 %-KI: 1,46; 1,93] zu t1 = 0,93 [95 %-KI: 0,73; 1,12]), p < 0,001 signifikant reduziert werden. Die nicht signifikante Reduktion von PIM gemäß FORTA-Liste Kategorie D von t0 = 0,2 [95 %-KI: 0,14; 0,26] zu t1 = 0,15 [95 %-KI: 0,09; 0,22]), p = 0,401 und der PRISCUS-Liste von t0 = 0,11 [95 %-KI: 0,06; 0,16] zu t1 = 0,09 [95 %-KI: 0,04; 0,13]), p = 0,58 ist durch die geringe Verordnungshäufigkeit dieser Arzneimittel zu erklären. Auch die Unterversorgung mit Arzneimitteln bei behandlungsbedürftigen Indikationen wurde bei der Behandlungsgruppe der Demenzpatienten ≥ 65 Jahre im Behandlungsverlauf von t0 = 0,85 [95 %-KI: 0,71; 0,98] zu t1 = 0,58 [95 %-KI: 0,45; 0,72]), p < 0,001 signifikant reduziert. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen den Nutzen und Bedarf für eine pharmazeutische Betreuung von Demenzpatienten in der ambulanten Versorgung. Klinische Pharmazeuten können im multiprofessionellen Team die AMTS bei Demenzpatienten eindeutig verbessern. Gemäß den Ergebnissen der DemStepCare-Studie ist bei Demenzpatienten eine jährliche umfassende pharmazeutische Medikationsanalyse, ergänzt um anlassbezogene Medikationsanalysen, wie z.B. bei Krankenhausaufenthalt oder Stürzen, zu empfehlen. Zur Effizienzsteigerung muss dringend die digitale Patientenakte und die digitale interprofessionelle Kommunikation etabliert werden.
DDC: 610 Medizin
610 Medical sciences
Institution: Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Department: FB 09 Chemie, Pharmazie u. Geowissensch.
Place: Mainz
ROR: https://ror.org/023b0x485
DOI: http://doi.org/10.25358/openscience-9189
URN: urn:nbn:de:hebis:77-openscience-25cdf936-821e-4c03-8173-845ed161f7336
Version: Original work
Publication type: Dissertation
License: In Copyright
Information on rights of use: http://rightsstatements.org/vocab/InC/1.0/
Extent: IX, 222 Seiten ; Illustrationen
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